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Quer durch Galerien

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Ein Opfer seiner Ballaststoffe

Von Claudia Aigner

300 Jahre Wiener Zeitung!Wir erinnern uns: Es war einmal ein böser Wolf. Der bekam sechs von insgesamt sieben Geißlein in seine Verdauungsgewalt, sprich: Er hat sie gefressen. Dann wurde er per "Kaiserschnitt nach Schneiderlein-Art" (nämlich mit Hilfe einer simplen Schere) seines Essens entbunden und stattdessen mit Wackersteinen künstlich ernährt, die ihm also hineinoperiert wurden. Und schließlich (nachdem er nichts von der Operation am offenen Magen mitbekommen hatte, obwohl es kein Anästhesist gewesen war, der ihn in den Verdauungsschlaf versetzt hatte) wurde er Opfer seiner Ballaststoffe. Kurz: Plumps und platsch.
Und ebendieser glücklose Pionier auf dem Gebiet der ballaststoffreichen Ernährung (Motto: "Was rumpelt und pumpelt in meinem Bauch herum?") hat den Schmuckkünstler Theo Smeets inspiriert: "The Weight of Stone." Bis 12. April bei V & V (Bauernmarkt 19). Schmuckkünstler? Dann kann es sich ja nur um Einweg-Diamanten zur Nahrungsergänzung handeln (drei Stück nach jeder Mahlzeit, oder so, als Ballaststoffe für Stinkreiche). Weit gefehlt. Es ist also zu früh für "Diamantenwäscher", also dafür, die Kanalisation in diversen Villenvierteln mit Nudelsieben unsicher zu machen. Denn wo andere zu Edelsteinen greifen würden, da ist dem Theo Smeets sowieso nach Ziegelsteinen. "Als ich angefangen habe, Ziegelsteine zu schleifen, haben mich alle für verrückt erklärt." (Smeets ist übrigens Professor für Schmuckdesign in Idar-Oberstein. Und versteht sich auf reizvoll gewagte Materialkombinationen. Immer technisch präzise und unaufdringlich perfekt.)
Die Kette "Der Wolf und die sieben Geißlein": Ziegelsteine und sieben Plastikgeißlein. Erstere nicht in der Häuslbauergröße. Zum aktionismusverdächtigen Kippeffekt, wenn man sich hungrig übers Büffet beugt, kommt es folglich nicht. Bleibt bloß eine Frage (weil man noch immer drei Finger übrig hat, nachdem man sich die Protagonisten der Kette an seinen zehn Fingern abgezählt hat): "Und wo ist der Wolf?" Darauf kann der Träger der Kette nur antworten: "Komm halt ein bissl näher und zähl noch einmal genau nach. Damit ich dich besser fressen kann." Und der makellose, bleischwere Halsschmuck aus "Riesenbrillanten" aus Metall? Der ist praktisch ein Manifest (oder ein Bosheitsakt), misst man doch im Edelsteingewerbe in Karat und nicht in Kilo. Fast drei Kilo übrigens.
Freude durch Muskelkraft: Franz Kapfer (bis 2. April in der Fotogalerie, Währinger Straße 59) posiert naiv-heroisch und in klassischer Nacktheit als Held des Sports, zum Beispiel als Nudistenfußballer oder FKK-Bergsteiger (quasi). Stellt nämlich die Marmorstatuen rund um Mussolinis Olympiastadion in Rom nach. Mit großem Gespür für Peinlichkeit (die Peinlichkeit des Originals, die aber eigentlich erst dann unverkennbar ist, sobald man die erhabenen Marmorposen aus Fleisch und Blut nachmacht). Und ein Video zeigt die heute im Stadion untergebrachte "Fleisch verarbeitende Industrie": Halbgroteske Massenszenen mit gequälten Leibern (fast wie bei Hieronymus Bosch) und mit schrillen Euphorieschreien der "Fleischhauerin", also der Vorturnerin in diesem Fitnesscenter. Für mich als Muskel- und Schweißabstinenzlerin: visionär apokalyptisch.
Und von Kamil Varga: sehr poetische Fotogramme zur Lage der Menschheit. Da himmelt etwa einer einen Sternenhimmel an. Die Sterne sind Fingerabdrücke. Denn der Mensch ist wie ein Kind im Supermarkt, das alles haben und angreifen muss (anders gesagt: "Das will i, Mama, und das will i a").
Bis 4. April in der Galerie am Park (Liniengasse 2a): Alexandra Baumgartner. Eh ganz o. k. (zumindest vom Temperament ihres sehr direkten Pinsels und von den "kreatürlichen" Farben her).

Erschienen am: 28.03.2003

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