Band 143, Januar – Februar 1999, Seite 290, AUSSTELLUNGEN |
DIE AUSSTELLUNG Berlin Biennale 30. SEPTEMBER 1998 - 3. JANUAR 1999 POSTFUHRAMT, KUNST-WERKE, AKADEMIE DER KÜNSTE
Weniger der künstlerische als vielmehr der kulturpolitsche Aspekt der Berlin Biennale stand im Vordergrund der Diskussion über die junge Großausstellung. KUNSTFORUM trägt diesem Umstand - nach der Besprechung im letzten Band - Rechnung und zeigt die andernorts vernachlässigte visuelle Seite des Spektakels in Form eines Fotorundgangs von Wolfgang Träger. Unterschiedliche Kommentare der Kunst-Profis zur Biennale trug Thomas Wulffen für diesen Bericht zusammen: Thomas Wulffen (S. 292), Peter Herbstreuth (S. 294), Paul Maenz (S. 297), Werner Müller (S. 298), Diethelm Stoller (S. 300), Thomas Krüger (S. 302), Udo Kittelmann (S. 304), Luis Campaña (S. 304), Michael Krome (S. 306), Alexander Tolnay (S. 308), Kasper König (S. 309) und Max Hetzler (S. 310) Es war ein Ereignis, das lange auf sich warten ließ und von daher
Erwartungen produzierte, die noch nicht einmal Harald Szeemann hätte
erfüllen können: die erste Berlin Biennale. Seit zwei Jahren in
Vorbereitung und in den Spalten der regionalen und überregionalen Presse
vertreten, war die endgültige Eröffnung Ende September für jeden entweder
eine Offenbarung oder eine Enttäuschung. Zum großen Teil aber bewegte sich
die öffentliche Resonanz zwischen diesen Polen. Denn die Offenbarung war
dann doch nicht so deutlich, wie man es sich im Vorfeld erwünscht hatte.
Die Künstlerliste bot trotz der lang andauernden und langwierigen
Geheimhaltung kaum Überraschungen. Ob es strategisches Spiel war oder
Überzeugungstat, muß heute nicht mehr festgestellt werden. Künstler wurden
dennoch dann auf die letzte Minute hin eingeladen, als habe man einen
Auftrag von außerhalb zu erfüllen. Die Entscheidungsfindung für den oder
die Künstler blieb unklar und es drängte sich der Eindruck auf, man habe
die unterschiedlichen Erwartungen auf jeden Fall und für jedermann zu
erfüllen. Souveränität blieb da ein Fremdwort. Thomas Wulffen Um einen anderen Standpunkt zu verdeutlichen, haben die Kuratoren der 1. Berlin Biennale übertrieben. Sie präsentieren ausschließlich Künstler ihrer Generation. Manche der Beteiligten sind dabei naiv oder übereifrig über das Ziel, Jugendliches zu verkörpern, hinausgeschossen und boten schnellfertig Werke, die wohl kaum in Würde altern werden und mit kurzer Reichweite eine kurze Verfallszeit haben. Offenbar hat Thomas Hirschhorn das geahnt und so souverän wie beiläufig kommentiert, indem er an der Straße ungeschützt einen Altar für Otto Freundlich errichtete, der bald verschwand, aber durch seine situativ-ästhetische Pertinenz als verschwindender Teil des Ganzen prägend im Gedächtnis blieb. Doch auf dem Niveau von Hirschhorn sind nicht viele. Deshalb ist es ratsam, die lokale Perspektive einzunehmen und zu fragen, was die erste Etappe der Biennale für den gegenwärtigen Maßstab innerhalb der Kunstbelange der Stadt leistet. Danach mag man darauf keine Rücksicht mehr zu nehmen und beantworten, ob die Werke und die Schau den Hype und die Politisierung, die um "die Biennale in der Hauptstadt" veranstaltet wird, überhaupt aushalten können. DER MACHER. Auffallend das Einverständnis der lokalen Kritikerschar mit dem Initiator Klaus Biesenbach, der zu Beginn der Vorbereitungen gleichberechtigt neben Nancy Spector und Hans Ulrich Obrist lediglich als alleiniger organisatorischer Leiter auftrat und in der Endphase zum alleinverantwortlichen Leiter über die zu Gastkuratoren umbenannten Spector und Obrist avancierte. Deren Anstellung endete offiziell einen Tag vor Eröffnung. Das Team gebar einen Chef, der nun für alles gerade steht. In Berlin herrscht über diesen Prozess Stille. Selbst Kritiker, die bis zum Biennale-Beginn Biesenbach-Bashing wie ein Steckenpferd pflegten, schrieben Huldigungen. Unklar, ob man es als Sinn für Solidarität (Standortverantwortung) oder Ruhe vor dem Sturm (Messer wetzen) deuten soll. Sicher ist: ohne Biesenbach gäbe es neben anderem auch keine Biennale. Er war der rührigste Neuzugang im Kunstbereich seit Beseitigung der "Mauer". Nun verfügt er über Macht genug, daß fast jeder ehrgeizige Künstler und fast jeder geschäftstüchtige Galerist jüngerer Künstler in der Stadt die Zähne zusammenbeißt, nickt und schweigt: Augen auf und durch. Und man kann beobachten, wie manche ihm, dem jungen Titan, zuarbeiten, ohne daß er danach verlangt hätte. Was die künstlerische Tätigkeit seiner Generation anbelangt, so ist Berlin nun seine Stadt mit Außenposten in Tokyo und New York. "BERLIN / BERLIN" ist die erste Kunstpräsentation im ungeteilten Berlin, die es geschafft hat, künstlerisch, organisatorisch und institutionell eine Zäsur zu setzen, indem sie fast ausschließlich Werke von Künstlern vorstellt, die in dieser Dekade aufgetaucht sind, eine Betriebsstruktur kreierte, die gleichsam als Kunsthalle ohne festen Wohnsitz operieren kann und als Bürgerinitiative sich mit den Vorteilen eines Privatunternehmens ausgestattet hat, ohne auf öffentliche Gelder verzichten zu müssen. So sieht eine Institution aus, die ihre Wendigkeit nicht verspielen will. Die Polarisierung auf eine Generationsfrage ist ein Willensakt und schließt Künstler aus, die maßgeblich an der Zeit sind. Jedoch war Polarisierung für eine Stadt, die vergangenheitsschwer sich immer wieder in ihren Verflechtungen verheddert und zukunftsgestimmt sie abschütteln will, wohl nicht zu vermeiden. Doch die Absichten dieser Biennale sind kaum verstanden worden. Kritiker sprachen, wenn sie "Berlin / Berlin" rezensierten, von "der Berlin Biennale" insgesamt. Sie konnten oder wollten nicht zur Kenntnis nehmen, daß "Berlin / Berlin" die Schwelle und hier ein anderer Zeittakt anbrochen ist. Man hat es im Gegensatz zu allen anderen mit einer Biennale im Werden zu tun. Der andere Zeittakt scheint dem Gros der Kommentatoren entgangen zu sein. Man ist auf den großen Überblick als geballte Ladung abonniert. Diese Biennale aber muß man beobachten und die Zeit teilen, in der sie sich entwickelt. PRÄSENS. Deshalb ist die erste Etappe vor allem für die Stadt bedeutsam. Es gehört zum Kalkül, daß es laufend Vorträge, Diskussionen, Club-Nächte gibt. Und man mag es für ein Manko halten, daß ein generationsübergreifender Diskurs nicht stattfindet und stets die gleiche Generation sich trifft. Vielleicht ist es eine Chance. Diese Biennale setzt auf den Verlauf in der Zeit und entlädt sich nicht als Tagesereignis mit Highlights. Der Macher hatte Chuzpe genug, der ersten Etappe (von Pressekonferenz bis Schluß) 100 Tage Laufzeit zu geben. Nach diesem Anlauf müßte der Sprung weit reichen und elegant aufsetzen, um die beabsichtigte Zäsur zu legitimieren. Peter Herbstreuth Für mich war die Berlin Biennale eine überzeugende Geschichte. Das Projekt tut der veränderten Sachlage in Berlin und der Bundesrepublik gut. Die Biennale schließt an das an, was aktuell passiert.Ich bewundere die Initiative der Beteiligten, aus welchen Gründen auch immer sie sich entwickelt hat. Der erste Auftritt ist an sich eine Leistung, und ich fände es nicht fair, jetzt erbsenzählerisch zu sein. Wenn man es professionell sieht, müßte man natürlich analysieren. Aber man muß auch mal dankbar sein und dann überwiegt die Bedeutung des Faktums. Diese Biennale läßt genügend Raum, sich die nächste vorstellen zu können. Ob das Zwei-Jahres-Programm eine kluge Idee ist und ob sie durchgehalten wird, muß man abwarten. Paul Maenz Ich habe mir gewünscht, daß die Berlin Biennale ein sehr großer Erfolg
wird und viele Menschen nach Berlin bringt. Ich vermag jetzt nicht zu
beurteilen, ob es ein derartiger Erfolg geworden ist. In der ersten Woche
der Biennale hat sich allerdings gezeigt, daß die Besucher auch in die
Galerie gegangen sind. Die Biennale ist allerdings auch nicht die
Katastrophe geworden, die viele erwartet haben. Sie hat allerdings auch
keinen sehr nachhaltigen Eindruck bei mir hinterlassen. Orte wie das
Postfuhramt stoßen mich im Augenblick eher ab und die Werke, die ich da
gesehen habe, verstärken diesen Eindruck. Werner Müller, Galerie Zwinger Ich finde gut, daß die Biennale eine diskursive, aber keine akademische Ausstellung geworden ist. Ich sehe sie als eine lebhafte Schilderung der Berliner Szene, mit einigen Löchern, aber angereichert durch jene Künstler und Künstlerinnen, die mit Berlin in Verbindung standen oder stehen. Spannend sind aber ja immer die offenen Fragen, zu denen eine solche Veranstaltung anregt. Kann man etwa solch einen White Cube wie in den Kunst-Werken noch so ungebrochen machen oder sollte man da zusehen, wie man diese alte Ausstellungssituation aufbrechen kann, z.B. wie bei Neugerriemenschneider durch den Arbeitszusammenhang. Oder der wunderschöne Ausstellungsteil in der Akademie, möglicherweise zu schön? Kann man in solchen Räumen noch ausstellen? Vielleicht hat mir das Postfuhramt am besten gefallen, als Ausstellungsarchitektur und in der Mischung - Ambiente bis Aktionismus. Ein bißchen frecher und politischer hätte es sein können - gerade weil es ja auch um Berlin ging. Diethelm Stoller Die Berlin Biennale war eine wichtige Initiative für die Stadt, um den Stellenwert, insbesondere der zeitgenössischen Kunst, für Berlin zu kommunizieren. Zum zweiten ist ein ziemlich kompetenter Überblick zur Situation der Bildenden Kunst in Berlin geboten worden. Hinsichtlich der Konzeption habe ich aber einige kritische Anmerkungen. Ich hatte bei der Ausstellung den Eindruck, hier handele es sich um eine Art Rave. Jede und jeder hatte Gelegenheit zum Schaulaufen. Der Vorwurf des Name-Dropping und der who-is-who Politik ist durchaus berechtigt. Kritisch aufgefallen ist mir zudem, daß einige der Arbeiten schon leicht abgewandelt zu sehen waren und nicht neu entwickelt wurden. Hinsichtlich der Qualität war schon ein Gefälle spürbar. Es gibt aber schon einige bemerkenswerte Arbeiten. Besonders hat mir die holländische Fotografin Rineke Dijkstra gefallen. Sie ist allerdings nicht so auffallend positioniert wie zum Beispiel Wolfgang Tillmanns. Gerade im Bereich der Fotografie waren schon einige Entdeckungen zu machen. Dazu zähle ich auch Thomas Demand, dessen Konzept ich bemerkenswert finde. Die Bandbreite der Berlin Biennale war sehr vielfältig, oft jedoch ins Beliebige gehend. Es war dennoch eine ausgesprochen verdienstvolle Initiative. Ich würde es sehr begrüßen, wenn eine Fortsetzung der Biennale dann auch von verschiedenen anderen Kuratoren verantwortet würde. Der Wechsel der Perspektive auf das, was in der Berliner Szene passiert, kann zur Profilbildung der Biennale beitragen. Ich hätte mir allerdings gewünscht, daß das Profil der Berliner Kunst etwas kantiger und schärfer, konturierter präsentiert wird. Viele Beiträge waren mir zu sehr Mainstream. Die Biennale hatte eher den Hang zur Vollzähligkeit und nicht den Mut zur Akzentsetzung, jedoch war es für einen Auftakt wohl der richtige Schritt. Die Auswahl der Orte fand ich jedoch sehr gelungen, weil sie eine Veränderung hinsichtlich der Lokalitäten in Berlin signalisieren. Hier müssen auch Folgebiennalen versuchen, das, was in der Stadt passiert, lokal abzubilden. Thomas Krüger, ehemals Kulturbeauftragter der SPD-Bundestagsfraktion Es ist immer wichtig, daß eine Intervention durch Kunst stattfindet. Das Wichtigste ist für mich in dieser Inflation der Biennalen zu sehen, wie auf einmal weltweit ein Eroberungszug der aktuellen Kunst stattfindet. Im Gegensatz zu den achtziger Jahren, wo die aktuelle Kunst auf eine lokale Ebene begrenzt war, ist es jetzt ein weltweites Ereignis über Sydney, Melbourne, Korea bis Istanbul. Positiv daran zu bewerten ist wohl, daß Biennalen in einem stadtpolitischem Umfeld stattfinden und mit der Kulturpolitik eine touristische Attraktion schaffen. Das ist ein Phänomen unserer Zeit mit der Gefahr, den Vorwurf der Beliebigkeit der aktuellen Kunst (der meiner Meinung nach nicht gerechtfertigt ist) zu bestätigen. Auffällig bei der Berlin Biennale war die Auswahl der nicht institutionalisierten Räume mit Ausnahme der Kunst-Werke. Solche romantischen Räume interpretieren jedes Kunstwerk schon mit. Die Patina, die Geschichten, die Historie, die schon darin einen bildnerischen Ausdruck des Maroden findet, tritt in einen Dialog mit dem Kunstwerk. Zum Beispiel das Postfuhramt ist eine wunderbare Verführung hin zur Kunst. Das wirft die Frage auf, ob die Wirkung vom Kunstwerk ausgeht oder vom Ort der Kunst. In den Kunst-Werken (als White Cube) war dagegen die Präsentation der Kunst sehr traditionell. Udo Kittelmann, Kunstverein Köln Die Berlin Biennale ist eine Ausstellung geworden, die sich wirklich um den Topos Berlin dreht. Eine Ausstellung, bei der wie es scheint, strategische und politische Absichten ein große Rolle gespielt haben. So etwas kann einem nicht gefallen und ich wundere mich, daß die Künstler das kritiklos hinnehmen. Ich bin ganz dagegen, daß man Kunst mit Orten oder Nationalitäten verbindet. Natürlich gab es schöne Arbeiten und gute Kunstwerke, aber mir kreiste es zu sehr um den Topos Berlin. Die künstlerische Energie ist zuerst mal da. Wie sie sich ausbreitet oder ausrichtet, steht auf einem anderen Blatt. Die Ausstellung ist eine Konzentration und Massierung von Energien, das ist sehr positiv, da es ein Punkt ist, der die Bewertung erleichtert, aber in der Biennale hatte es etwas Unangenehmes. Trotzdem hat mich der Besuch der Akademie der Künste sehr gefreut. Da gab es Spuren an Boden, Wänden und Decke, die waren so mit Echtheit aufgeladen, wie es Kunst gar nicht sein kann. Aber Projekte wie die Berlin Biennale müssen die Berliner unter sich selber ausfechten. So eine Ausstellung hätte es im Rheinland nicht gegeben. West-Kunst oder die Köln Show sind auch interessengeleitete Ausstellungen, aber die Köln Show ist privat bezahlt worden, das darf man nicht vergessen. Aber sie hatte nie diese Aggressivität. Ich finde es hochinteressant und spannend, was in Berlin passiert. Wenn das nicht angenommen wird, wenn es zu einer Ghettoisierung kommt, wenn die Kunst nicht an den privaten Wänden landet, wird die Energie ganz schnell verpuffen. Viele machen sich Illusionen über Zeiträume. Meine Erfahrungen in Frankfurt damals haben mich das gelehrt: es gab sehr viel Euphorie und viel Geld. Das hat alles keine Bedeutung gehabt, weil es nicht substantiell war und nicht gewachsen war und kein wirkliches Interesse vorhanden war. In dem Moment, wo das Geld in Frankfurt nicht mehr da war, ist alles komplett verpufft. Für mich war es eine ganz normale Ausstellung mit guten und weniger interessanten Kunstwerken, aber ich hätte es mir souveräner gewünscht. Ich bin gespannt auf die zweite Biennale. Luis Campaña, Galerie Campaña Köln Grundsätzlich stellt sich die Frage nach dem möglichen und nötigen signifikanten Profil von Großausstellungen. Die Berlin Biennale ist eher ein standortgenerierende Ausstellung, einer olympischen Idee zu vergleichen und da liegt auch Ihre Leistung. Über die Ausstellung wird gestritten, diskutiert, und extrem kontrovers argumentiert. Insofern verhält es sich ein bißchen wie mit der PDS, die Leistung dieser Partei liegt in einer generellen Belebung politischer Topoi selbst und zwar über ihre eigene Programmatik hinaus. Für mich ist Biesenbach nicht der Paul Cassirer der 90er, wie es der Kultursenator Radunski meinte formulieren zu müssen, sondern eher Gregor Gysi. Das wußte man zwar, aber das haben die Verantwortlichen auch ausgehalten und entgegen allen Kritikern durchgezogen. Diesbezüglich haben die Verantwortlichen ein gutes Stehvermögen gegen ewiges und substanzloses, wenn auch sportliches Nörgeln im Kunstbetrieb bewiesen. Trotzdem sind m.E. für eine ambitionierte Ausstellung am Ende der 90
Jahre zu viele Kompromisse gemacht worden, die hausgemacht sind und
höchstens in Berlin einigermaßen nachvollziehbar oder entschuldbar sind.
So hat sich ja nicht nur im Profifußball die Gewaltenteilung zwischen
operativer Exekutive, dem Manager und dem Leiter für die sportlichen
Seite, dem Trainer durchgesetzt. Ich denke, die Berlin Biennale ist eine Situationsbeschreibung und zeigt, wie viele Interessen mitgestrickt haben, das Profil der Ausstellung aber verwässert haben. Als Situationsbeschreibung ist sie aber trotzdem wichtig und hochinteressant. Natürlich sind das kulturpolitische und ausstellungsexterne Gründe. Die Frage, ob das die Absicht war und sein sollte ist sehr komplex und sprengt wohl den Rahmen der Frage. Die Frage ist doch wirklich, ob Bienalen nicht letzlich in die Breite gehen und nicht in die Tiefe. Insofern werden Bienalen immer irgendwie von irgendwem kuratiert, selten aber signifikant. Wenn Ängstlichkeit und Es-allen-recht-machen-Wollen solche Dinge lähmen, dann wird es maximal eine okaye Ausstellung mit vielen guten Künstlern, die Frage stellt sich aber, ob das alles ist bzw. nicht mehr drin war. Zwischen qualifiziertem Kulturmanagement und ambitioniertem Kuratorentum liegen manchmal eben Welten. Mir wäre eine Ausstellung mit statement-Charakter persönlich wichtiger gewesen, dazu hätten vielleicht auch 20 Künstler und ein Ort gereicht.. Für die Stadt und eine auch produktive Überhitzung der kulturellen Situation war es aber vielleicht auch so wichtig. Auch für insbesondere einige jüngere deutsche oder berlinerische Künstler war es natürlich wichtig unter Karriere Gesichtspunkten. (auch wenn die Kritik von solcher Seite dann reichlich bigott ist.) Wenn aber irgendwo Scheitern und Versuch interessant ist, dann in Berlin, nur hier ist das Bestandteil einer produktiven Debatte und dazu gehören auch die Leichen im Keller, die beim ein oder anderen hochvegetieren. Ein kuratorisches Scheitern städtischer Fixierung wie bei der Ausstellung "I love New York" im Museum Ludwig empfinde ich als weitaus langweiliger und unproduktiver. Michael Krome, Galerie Schipper & Krome Berlin Die Berlin Biennale war ein für Berlin wichtiges Projekt. Ich hätte mir jedoch eine sorgfältigere konzeptionelle Vorarbeit gewünscht. An manchen Stellen wurden die ad hoc Entscheidungen dem Stellenwert einer ersten Biennale nicht gerecht. Trotzdem war es eine sehr erfrischende Ausstellung mit Eventcharakter, die vor allem als Imagewerbung für die Aufbruchstimmung der Stadt funktionalisiert wurde. Dementsprechend sind Kulturpolitik, Kommerz und die neuen Formen der Kunst hier eine Ehe eingegangen. Allerdings ist diese Zusammenstellung ein Statement, das trotzdem mehr konzeptioneller Untermauerung bedurft hätte. Dr. Alexander Tolnay, Neuer Berliner Kunstverein Ich fand die Berlin Biennale viel besser als ich erwartet hatte. Besonders gut hat es mir im Postfuhramt gefallen. Kasper König Die "Berlin Biennale" hat es versäumt, Berlin ins Zentrum des
Kunstdiskurses zu stellen, weil sie sich als Spielwiese aktueller Künste
vorgestellt hat, die man von ähnlichen Events schon kennt. Darüber sollte
die Eloquenz der Macher nicht hinwegtäuschen. Möglicherweise gibt es ein
hausgemachtes Generationsproblem, weil sich die Berlin Biennale
ausschließlich auf junge Positionen konzentriert und damit wichtige
Künstler ignoriert, Maler völlig außen vor läßt und von mir geschätzte
Künstler teilweise nur mit bereits aus dem Handel bekannten Werken zeigt.
Es reicht nicht, bloß Begriffe zu besetzen. Max Hetzler, Galerie Hetzler |