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Von Ziegen und Menschen: Als Stars die Linse entdeckten

02.07.2011 | 18:13 | von BARBARA PETSCH (Die Presse)

Vom wachsenden Interesse für Fotografie- 19. Jh., Klassische Moderne - profitieren auch Wiener Galerien. Picasso bei Faber, Warhol bei Westlicht. Aber auch die Auktionen von Fotos sind zunehmend erfolgreich.

Was verbindet Pablo Picasso (1881–1973) und Andy Warhol (1928–1987)? Die Leidenschaft für Fotografie. Picassos fantasievoller Annäherung an das junge Medium widmet die Wiener Galerie Faber eine Ausstellung. Die Technik nutzte der Meister raffiniert: Eine gehäkelte Tischdecke wurde aus- und zurechtgeschnitten, auf ein Foto gebannt, das Negativ in der Dunkelkammer vergrößert. Dann wurde das Licht aufgedreht: Voilà, wir sehen einen typischen Picasso-Kopf (bis 3.9.). Mit fast 80 Jahren war der Meister noch immer ein Kind: Er entwarf Ziegen, am Grill, mit Horizont, verpackt. Seinen viel geliebten Motiven blieb er treu: Ein Porträt seiner Frau Jacqueline zieren Bäume, es gibt Vögel, Stiere – und ein Monster: Le Garou.

Der Schriftsteller Jacques Prévert widmete den Fotos einen surrealistischen Text. Jedes gibt es tausend Mal, man kann sie auch in einer Mappe kaufen (Einzelstücke 1600–2800 Euro).


Lieblingsmotiv: Marilyn Monroe. Andy Warhol in der Galerie Westlicht ist leider unverkäuflich wie die anderen Polaroids, die dort bis 21. 8. zu sehen sind. Galeriegründer Peter Coeln erwarb aus der Konkursmasse des US-Konzerns, der 2008 in die Pleite schlitterte, 4500 Fotos, 350 davon zeigt er bis 21. 8. Verkaufs- und Kunstausstellungen wechseln ab. Bei Kameraversteigerungen ist die renommierte Galerie Westlicht, die heuer ihr Zehn-Jahres-Jubiläum feierte, führend: Von den 100 teuersten Kameras, die weltweit in Auktionen verkauft wurden, kamen 98 bei Westlicht unter den Hammer.


Schiele-Foto für 60.000 Euro. Aber auch die Foto-Auktionen, die seit zwei Jahren stattfinden, sind zunehmend erfolgreich: 500.000 Euro kamen Ende Mai herein. Die nächste Versteigerung ist im November. Bewusst platziert man sich nicht im Hochpreissegment, in dem die internationalen Auktionshäuser etabliert sind, sondern bietet auch Günstiges für ein paar hundert Euro an. Jener 90-jährige Herr, welcher der Galerie ein markantes Schiele-Porträt offerierte, durfte sich freuen. Bei einem Schätzpreis von 25.000–50.000 Euro erzielte das Foto im Mai 60.000 Euro. Ein Evergreen sind Aufnahmen Marilyn Monroes: „Marilyn mit Crucifix“ von Bert Stern aus der berühmten Serie „The Last Sitting“ (Schätzpreis 1000–2500€) ging für 8000 Euro weg. Auch in der Galerie Faber hängen Monroe-Fotos. „Die Monroe bleibt ein heißes Thema, Marilyn geht immer gut. Ich kenne einen Sammler, der nur Monroe-Fotos kauft“, sagt Westlicht-Chef Coeln. Er bietet aber auch jüngere Künstler an, dafür hat er eigene Kuratoren, zuletzt den stellvertretenden Belvedere-Direktor Alfred Weidinger und Walter Seidl (Kunstsammlung Erste Group). Was rät Coeln Sammler-Anfängern? „Z. B. Henri Cartier-Bresson. Aber: Man muss sich einfach reinfallen lassen“, sagt er. In Österreich beginnen die meisten mit einem Stück, dass sich jemand gleich als Sammler versteht, ist selten. In Amerika gibt es Spezialisten für Epochen und Genres.


Ungehobene Schätze. Der Markt in Österreich sei ausbaufähig: „Es gibt jede Menge ungehobene Schätze“, ist Coeln überzeugt. Johann Faber sieht er nicht als Konkurrenten. Faber war einer der Kuratoren der letzten Westlicht-Auktion. Er ist derzeit bei der Masterpiece-Messe in London, einem Maastricht-Pendant (bis 5. 7.). Sammler, die beginnen, sagt Faber, interessieren sich zunächst für das Motiv, etwa Marilyn, weniger für den Fotografen. Die Zukunft sei der „Cross-Sammler“, der sich nicht auf eine Epoche oder Sparte konzentriert, sondern ägyptische Statuen ebenso kauft wie Renaissance-Malerei oder eben Fotos. Dies ist wohl auch ein Grund, warum Messen boomen.


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