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Die Kunst als Zufall

09.03.2007 | 12:33 | von Johanna Hofleitner (Die Presse)

Die Kunsthalle hat eine Videolounge nach ihr benannt. Aber wer ist diese Ursula Blickle? die Kunstförderin über ihre bewegte Vergangenheit und ihr neues Videoarchiv.

Als Mäzenin will Ursula Blickle gar nicht gern tituliert werden. Eher schon ist die ehemalige Tänzerin und Schauspielerin eine Art „Intendantin“, die von ihrer im süddeutschen Kraichtal gelegenen Stiftung aus Projekte auf Schiene bringt. Dabei gilt ihre Aufmerksamkeit weniger dem Etablierten und Durchgesetzten als vielmehr der jungen Kunst. Soeben hat sie im Kraichtal eine Ausstellung mit Filmen des Dänen Jesper Just eröffnet, die unter anderem auch in der Videolounge der Kunsthalle Wien zu sehen sind. Für Letztere engagiert sich Blickle seit einigen Jahren, insbesondere mit der Programmschiene „video des monats“. Im Gegenzug hat die Kunsthalle einen Raum als Videolounge zur Verfügung gestellt, der ab sofort auch Basis für Österreichs erstes digitales Videoarchiv ist.

Ihre Aktivitäten sind international ausgerichtet – aber ein Wien-Bezug ist unübersehbar. Warum?

Ich bin ja in Wien geboren und war Elevin an der Staats-oper, bis ich mit 17 ein „Gardemaß“ von 1,72 erreicht hatte und für das Corps de ballet zu groß war. Ich suchte dann andere Engagements, in Linz, Graz, der Schweiz und Deutschland, wo ich auch an die Schauspielschule ging. Trotzdem habe ich den Bezug zu Wien nie verloren. Wien liebt man umso mehr, wenn man nicht so viel da ist.

Die bildende Kunst ist Ihnen also nicht in die Wiege gelegt worden. Wann kamen Sie damit erstmals in Berührung? Warum fiel die Wahl später endgültig darauf und nicht auf Theater oder Musik?

Ich hatte einen langen Theaterwerdegang. Mit meinem Mann ging ich dann aber nach Brasilien, nach Sao Paulo – und dort hat eigentlich alles begonnen. Dadurch, dass ich die Sprache nicht konnte, war es mir nicht möglich, meinen Beruf als Schauspielerin auszuüben, und ich bin mehr und mehr mit der bildenden Kunst in Kontakt gekommen. Durch den Bildhauer Emanoel Araújo, der bis heute ein enger Freund ist, habe ich viele Künstler kennengelernt, vor allem Maler, Fotografen und Bildhauer. So wurde die Kunst ein Hauptinteresse und eine Leidenschaft. Und dann ist die Kunst zu einem Weg geworden.

Wann und wie ist der Entschluss gefallen, dieses
Interesse in aktives Engagement umzusetzen?

Vor 16 Jahren, als ich die Stiftung in Kraichtal gegründet habe. Vorerst war die umgebaute Mühle als Kinderballettschule gedacht, dann gab es viele Künstlerperformances – unter anderem mit Stephen Prina. Schließlich habe ich immer mehr bildende Kunst dort gezeigt, die mir gegenüber dem Tanz umfassender, breiter gefächert sowie besser rezipierbar und kommunizierbar erschien.

Heute ist diese Mühle nicht nur ein Ort, an dem kontinuierlich Ausstellungen stattfinden, sondern vor allem auch Menschen aufeinandertreffen. Sind Sie jemand, der gerne Fäden zieht?

Ich möchte nicht die Fäden ziehen, sondern einen Ort wie die frühen „Wiener Salons“ schaffen, einen Ort, an dem ein Austausch stattfinden kann und Menschen zusammenkommen, wo sich neue Sichtweisen auf die Kunst und das Leben eröffnen und wo Schranken abgebaut werden.

Hat sich durch diese Aktivität Ihr Verhältnis zur Kunst geändert?

Ja, auf jeden Fall. Der Umgang mit Kunst kann einerseits sehr bereichern und andererseits auch herausfordern, das bringt einen weiter, für mich bedeutet das jedes Mal einen Schritt weiter zu gehen, Kunst bewegt und bedeutet für mich das Gegenteil von Stillstand. Ich weiß, Kunst ist ein Privileg, auf das ich nicht verzichten möchte.


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