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Kunstberichte

Sinngemäße Erhellung

Mumok Factory "LichtWerke": Kunst und Licht seit den 1960er Jahren
Illustration
- Robert Watts „Rembrandt Signature Chair“.  Foto: Mumok

Robert Watts „Rembrandt Signature Chair“. Foto: Mumok

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Zu den klassischen Sammlungsausstellungen des modernen Museums zählen in den letzten Jahren nicht nur Focus I und II, sondern auch kleinere, konzentrierte Bespielungen von nur einer Ebene mit besonderen Themen. "LichtWerke. Kunst und Licht seit den 1960er Jahren" ist so ein Bespiel, das in der Factory alles zum Thema Lichtinstallation vereint, was bis jetzt angekauft wurde.

Anlass ist die letzte Erwerbung der Ludwig Stiftung von James Turrell: "Afrum II" von 1970. Er ist einer der klassischen Lichtkünstler, der auch hier mit eigenem Raum im Raum agiert. Darin entsteht ein "Corner Shallow Space", in dem die Wahrnehmung eines über Eck und auf Kante gestellten, scheinbar projizierten Licht-Würfels in dunkler Umgebung völlig verunsichert. Handelt es sich doch weder um einen Körper noch um eine Lichtprojektion, sondern um eine Öffnung in einen weiteren hellen Raum. Turrell erweist sich einmal mehr als Meister der immateriellen Geometrie.

Lichtkunst als gegenwärtiges Thema

Kuratorin Sophie Haaser hat dazu Turrells passende Studien aus der Albertina und eine Künstlersignatur (jene Goyas) in gelbem Neon aus dem Besitz des berühmten Minimal-Art-Sammlers Egidio Marzona als einzige Leihgaben dazu gestellt. Denn das Mumok besitzt auch die rote, einer Werbereklame ähnliche Rembrandtsignatur in Form einer Sitzgelegenheit. Diese Serie, die von 1964 an entstanden ist, umfasst zahlreiche dieser Signaturen aus Neonröhren. Natürlich könnte ein anderer Grund für diese Schau sein, dass Lichtkunst nun seit Jahren ein sehr gegenwärtiges Thema ist. Auch alle weiteren Werke stammen aus dem Haus: da sind die frühen Arte-povera Exponate wie Mario Merz’ "Der Blitz, der ins Feld einschlägt". Dazu der Video- und Performance-Altmeister Nam June Paik aus Korea, Keith Sonnier oder Dan Flavin, der als erster bunte Neonröhren zur Lichtkunst kürte. In Heinz Gappmayrs wörtlicher Verdoppelung von Licht geht es um konkrete Poesie, bei Heinz Mack um die Sonne der Op-Art, die im Meer versinkt, Brigitte Kowanz macht aus Steckdosen und Worten die Leuchtschrift: "Licht ist was man sieht".

Buchstäbliche Erhellungen also, egal ob Installationen, wie der Zeichentisch unter der Lampe von Franz Graf oder ein ironisches Video "Ein/Aus" der jungen in Österreich beheimateten Russin Anna Jermolaewa von 1999. Der Lichtschalter wird statt mit dem Finger mit dem Penis betätigt: die lachende Erkenntnis bleibt im Dunkeln. Herwig Kempinger, Sigmar Polke oder František Lesák fangen Licht auf Fotopapier ein. Letzterer hat den "Hermes des Praxiteles punktiert mittels Licht" – die Dunkelheit ist also nötig, um diese Werke richtig zu inszenieren – gut, dass die Factory drei Stockwerke unter der Erde liegt. Und auch die wenigen Wahrnehmungstücken verraten: in der Kunst kann selbst Lichtschein trügen.

LichtWerke

Mumok Factory bis 17.4.

Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien

Di. bis So. 10 bis 18 Uhr

Do. 10 bis 21.00 Uhr

Kuratorin: Sophie Haaser

Gelungene Lichtblitze.

Dienstag, 21. März 2006


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