Kunstraum Porcia: Wiedergefundene Malerei
Perlenfischerin in Hypnose
Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
14 Malerinnen und Maler haben sich für eine Wanderausstellung
unter dem Titel "Die wiedergefundene Malerei. Eine europäische Situation"
zu- sammengefunden, die nun bis 5. Jänner im Kunstraum Porcia zu sehen
ist. Kuratiert hat Leander Kaiser als österreichischer Vertreter und
auch der Katalog ist mit einem Text von Arnaldo Romani Brizzi von ihm
herausgegeben. Die HauptvertreterInnen kommen aus Italien (Alberto
Abate, Ubaldo Bartolini, Carlo Bertocci, Stefano Di Stasio, Paola
Gandolfi), weitere aus Österreich (mit Kaiser sind dies Christy Astuy und
Erhard Stöbe), Deutschland (Hermann Albert), Spanien (Carlos Forns Bada
und Sigfrido Martin Begué), Argentinien (Lily Salvo) und Großbritannien
(Harry Holland und John Kirby). Sie alle verschreiben sich der "Pittura
ritrovata". Bis auf Hermann Alberts Frauenköpfe mit fliegendem Haar
vor Hausmodellen und geometrisch-perspektivischen Kompositionen in flockig
aufgetragener Tempera arbeiten alle Beteiligten mit Ölfarbe auf Leinwand.
Malerei als neue Entdeckung der Postmoderne meint vor allem figurale
Disposition und eine eher nach innen gespiegelte als eine expressive
Ausdrucksweise. Damit ist es die Richtung, die sich gegen die Arte povera,
Konzeptkunst oder minimalistische Tendenzen, Farbfeldmalerei und ihre
Folgen stellt und sich in Italien mit der Transavanguardia der späten
siebziger Jahre zu etablieren begann. Rückwirkend sind "Klassiker" wie
de Chirico und die "Pittura metafisica", aber auch die Präraffaeliten oder
Einzelpositionen wie Sironi und in England Lucian Freud von Bedeutung; vom
berühmtesten figuralen Maler des 20. Jahrhunderts, Francis Bacon,
unterscheidet sie aber die Abkehr von einer "Ästhetik des Hässlichen".
Die VertreterInnen sind differenziert intellektuell Denkende, manchmal
sogar PhilosphInnen; sie untersuchen kunsthistorische Phänomene und
verschreiben sich Fragen nach Symbolik, Mythologie und literarischen
Quellen; meist in einer eher geglätteten Maltechnik, die annähernd
altmeisterlich sein kann, und einer aktuellen Auseinandersetzung der
Spaltung von Natur und Mensch. Der Ironiefaktor und das Bizarre sind
neben der Leuchtkraft der Farbe und oft traumhaften Situationen von
Bedeutung - dabei können gewagte Kombinationen Goyas "Saturn" zum
menschenfreundlichen Beobachter der Pflanzen und Früchte à la Frida Kahlo
wandeln: "Vagabund mit dem Genius der Vegetation" (Carlos Forns Bada).
Zeichen eines Wunders erscheinen mit Feuer in einem Interieur, in dem die
Protagonistin von einem zerstückelten Traummann (geteilt in Kopf,
Oberkörper und Gesten) umgeben ist (Paola Gandolfi). Die
österreichischen VertreterInnen fallen mit ihrer delikaten Malweise, ihren
geistreichen und witzigen Einfällen zu Mythen und manch politischer Pointe
(bei Astuy) sehr positiv auf; manch andere tiefgründige Komposition mag
zwar eher unangenehm anmuten wie "Via d' uscita" (Carlo Bertocci),
Verrätselung und Bilder im Bild ("La casa ritrovata") weisen aber auch
auf die der Malerei immanenten Fragen des "Machens" als bleibende
Problematik.
Erschienen am: 23.12.2003 |
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Kunstraum Porcia: Wiedergefundene Malerei
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