VON ARIANE
GRABHER
Bregenz (VN) Zwei Männer, zwei Städte und zwei Geschichten, die
am Ende in ein überraschendes Ende münden: In unspektakulären, ja
banalen Szenen bricht Runa Islam mit den Erzählkonventionen des
Mediums Film.
Im Bregenzer Magazin 4 zeigt die Künstlerin derzeit Filme und
Videoarbeiten der Jahre 2000 und 2001.
Es sind Momente der Ereignislosigkeit, aufregend undramatisch,
die Runa Islam im Großformat ihrer Doppelprojektion "Parallel"
(2001) fast physisch spürbar macht.
In alltäglichen Szenen, bruchstückhaft aneinander gereiht, durch
harte Schnitte getrennt, bricht die 1970 in
Dhaka/Bangladeschgeborene, in London lebende Künstlerin mit der
linearen Erzählstruktur, die dem Medium Film innewohnt.
Im Archiv des Kinos . . .
"Film ist immer ein Konstrukt, ist immer auch Illusion", sagt
Runa Islam, die nach den Gruppenausstellungen "Kunst in der Stadt 4"
(2000) und "Gymnasion" (2001) bereits zum dritten Mal in Bregenz zu
Gast ist.
Seit Ende der 90 er Jahre stellt der Film das Hauptinteresse und
Arbeitsfeld der Künstlerin dar. Damit schließt sie nicht nur an die
Tradition bekannter Filmemacher und Regisseure an (Antonioni, Godard
oder auch Fassbinder bilden wichtige Bezugspunkte), über die
Integration von Handlungsmustern oder Soundtracks aus bekannten
Filmen recherchiert Islam im Archiv des Kinos, in unbewussten
kollektiven Bildwelten, die sie ihren meist nur wenige Minuten
langen Inszenierungen unterlegt.
Tagtraum
Wie in einem Tagtraum verschmelzen Bild und Ton, Realität und
Illusion. Je mehr sich die Künstlerin auf die Dematerialisation
ihres Mediums verlagert, auf das Aufzeigen seiner Bestandteile,
desto mehr wird der Betrachter in Versuchung geführt, nach visuellen
Verknüpfungen zu suchen und die einzelnen Geschichten zu einem
Ganzen zusammenzufügen. Ein Unterfangen, das sich nicht allein auf
die Projektionsflächen und Monitore beschränkt, wie die überaus
gelungene Präsentation im Magazin 4 zeigt.
In Bezugnahme auf die Architektur und auf die Auswahl der
gezeigten Filme ("Screen Test/Unscript", "The First Glance",
"Parallel", "Unreconciled") mutiert der Ausstellungsraum nämlich
nicht zu der erwarteten black box, die ihre Umgebung völlig
ausblendet.
Im Experimentieren mit speziellen Folien und Filtern an den
Fenstern, sorgen diese vielmehr dafür, dass die Stadt im Blickfeld
bleibt.
Wie nachhaltig sich dieser kleine Kunstgriff auf Rezeption und
Betrachtungsweise auswirkt, beweist das echoartige Nachwirken
einiger Szenen in der spannungsreichen Überlappung von
filmisch-fiktiver Inszenierung und realem Ausblick.