Künstlerhaus Wien ehrt den im Vorjahr verstorbenen Bildhauer Josef Pillhofer
Der kompromisslose Stille
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Josef Pillhofers Skulptur "Schwung" (1995/2002) aus Stahlblech. Foto: Markus Pillhofer
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Von Brigitte
Borchhardt-Birbaumer
Eigentlich war eine Retrospektive geplant; nun ist die Ausstellung
"Josef Pillhofer. Das Ideal der Proportion" eine Installation seiner
Skulpturen als Nachruf zum Durchwandern geworden.
Das langjährige
Mitglied des Künstlerhauses war Schüler und Assistent von Fritz Wotruba
bis 1970 an der Akademie in Wien, danach Professor für Bildhauerei in
Graz. Der spätere Staatspreisträger vertrat Österreich 1954 und 1956 auf
der Biennale in Venedig, war Mitglied des Art-Clubs und bekam 2008 eine
eigene Halle für sein Werk in Neuberg an der Mürz. In diesem Jahr wurde
vor dem Museum Liaunig im Kärntner Neuhaus auch eine monumentale
"Raumentfaltung" aus Stahl montiert.
Der Letzte der klassischen Bildhauer-Moderne
Er war der letzte Vertreter der klassischen Moderne in Sachen
Bildhauerei, die sich unter Wotrubas Nachfolger Bruno Gironcoli, aber
auch international, in das wandelte, was heute mit Objektkunst
umschrieben wird. Kunstharze, Draht und andere, oft ungewöhnlichen
Alltagsmaterialien, ersetzten heute den vielseitigen Umgang mit Marmor,
Kalkstein, Bronze, Stahl, Holz, Gips und Ton über Jahrtausende.
Neben der klassisch bildhauerischen Tätigkeit, war Pillhofer ein
subtiler Zeichner, dessen Papierkonzepte und Landschaftszeichnungen nun
den Plastiken gegenübergestellt sind. In Graz unterrichtete er auch
Erwin Wurm, was in dessen frühen Lattenskulpturen spürbar ist.
Das Durchwandern der Ausstellung ist weniger an die Chronologie eines
interessanten Lebens gebunden als an stilistische Form-familien, die
oft parallel entstanden sind. So ist der postmoderne und aktuelle Aspekt
von Pillhofers Werk in der selbstverständlichen Mischung von abstrakten
und naturalistischen Konzepten zu finden. Franz Smola hatte den
Zeitfaktor in seiner speziell auf Kopfformen konzentrierten Schau im
Belvedere 2002 auch ausgeschaltet. Die Gruppen von wiederkehrenden
Themen kreisen neben den Köpfen auch im Künstlerhaus um die kubistisch
aufgefächerten Skulpturen seiner Studienzeit in Paris, um kubische wie
zylindrische Grundformen, die Stahl-Raum-Konstruktionen, figurale
Arbeiten und Synthesen von Ecke und Rundung.
Atelier im Prater noch bis 2012 zu besichtigen
Die Auswahl aus persönlichen Beständen, vor allem aus dem noch bis
2012 zu besichtigenden Atelier im Prater, doch auch aus Neuberg, hätte
Josef Pillhofer, der letztes Jahr fast 90-jährig, trotz allem
unerwartet, verstorben ist, wahrscheinlich gefallen, denn sein oberstes
Prinzip war die vorbildliche Natur und die Verbindung von Grundformen in
streng architektonischem Charakter. Aber auch Kristallines findet sich
so in der Porträtinterpretation seiner Kollegin von der Akademie am
Schillerplatz, der bekannten Malerin Maria Lassnig. Bei den aus Gips und
Ton naturalistisch gestalteten Figuren ist ideale Proportion zuweilen
mit tänzerischen Balanceakten kombiniert, die Massenverteilung musste
harmonisch auf der Suche nach einem Mittelpunkt ausgerichtet sein.
Bei Aufenthalten in Paris war Ossip Zadkine Pillhofers Lehrer, der
Kontakt zu Constantin Brancusi zeigt sich in der Wichtigkeit, die auch
er seinen Sockeln beimaß. Formal war er von Henri Laurens jedoch mehr
beeinflusst als von Alberto Giacometti. Langjährige Freundschaften
verbanden ihn mit den Dichtern Ingeborg Bachmann und Paul Celan sowie
mit wichtigen Kunsthistorikern wie Günther Heinz, Heimo Kuchling und
Klaus Demus.
Im Gegensatz zu Alfred Hrdlicka war Pillhofer ein stiller, doch nicht
weniger eindrucksvoller, nur im Schaffen kompromissloser Mensch.
Ausstellung
Josef Pillhofer. Das Ideal
der Proportion
Peter Bogner, Joachim Lothar Gartner (Kuratoren)
Künstlerhaus
bis 29. Mai
Printausgabe vom Freitag, 29. April 2011
Online seit: Donnerstag, 28. April 2011 20:42:00