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Brachial oder verletzt? Die Femme fatale von heute

22.07.2010 | 18:20 | SABINE B.VOGEL (Die Presse)

Wie sieht die Frau, der Männer nicht widerstehen können, heute aus? Dieser Frage widmet sich eine Schau im Forum Frohner. Es soll kein Museum sondern ein Ort der lebendigen Auseinandersetzung mit Frohners Werk sein.

Mal wird sie als exotische Verderberin, dann als dämonische Sphinx oder als raubkatzenartige Frau beschrieben. Die „Femme fatale“, die verhängnisvolle Frau – sie ist Glücksverheißung und Lebensbedrohung in einem. Im wirklichen Leben trat sie in Gestalt von Mata Hari oder Alma Mahler auf, in den Künsten als Medusa oder Sphinx, als Salome oder Eva im Paradies. Adolf Frohner stellte sie 1979 als „Salome mit Tierrippen“ dar. Die Kombination von Frau und Tier, meist Raubkatze, ist klassisch. Aber hässlich und mit nackten Knochen?

Dieses Werk ist Anlass eines erneuten Blicks auf den alten Mythos der Femme fatale im Forum Frohner. Das Haus dient nicht als Museum, sondern soll ein Ort der lebendigen Auseinandersetzung mit Frohners Werk sein.

 

Genitalpanik und Frauenpower

So haben Direktor Dieter Ronte und Ko-Kuratorin Andrea Winklbauer hier einen spannenden Rundgang beginnend mit Franz von Stuck über Alfred Kubin bis zu Film- und Theater-Fotografien von Pierre Molinier bis zu den Zeitgenossen inszeniert. Nicht das klassische Klischee steht dabei im Zentrum, sondern die Frage, wie unser Bild der verführerischen Frau nach von Emanzipation, Swingerklubs und offenen Rollenbildern geprägten Jahrzehnten aussieht.

Als provokant-emanzipierte Frau schaut uns Valie Export in „Aktionshose: Genitalpanik“ von 1969 an, dabei einen freizügigen Blick auf das ausgeschnittene Dreieck in ihrem Schritt bietend. Weniger offensiv greift Birgit Jürgenssen das Thema der animalischen Frau in ihrem „Raubvogelschuh“ auf. Gelitin verzieren die Brüste der kleinen Puppe namens „Alma“ mit einem Piercing aus grünen Kügelchen, Carol Rama verzerrt die Pose einer breitbeinigen Frau ins Absurde.

Kokett und schön ist keine dieser Damen – haben wir es also nur noch mit hässlichen oder bedrohlichen Femmes fatales zu tun? Diesen Aspekt bringt Maria Lassnig herausragend auf den Punkt, wenn sie in „Woman Power“ von 1979 einen massiven, nackten weiblichen Koloss hinter einer Stadtkulisse aufragen lässt, offenbar im Begriff stehend, die Welt niederzutrampeln. Absolut verführerisch dagegen sind die knallroten Brustwarzen und der rote Mund in Zenita Komads Bild – wäre nur nicht der gleichgültige Blick, der von einer Überdosis an fehlender Beteiligung spricht.

Drastisch serviert uns Regina Götz im Selbstporträt als schöne, nackte „Salome“ einen abgeschnittenen Kopf auf dem Tablett. Der schaut allerdings erstaunlich lebendig drein und kommt uns unerwartet bekannt vor: Es ist kein Johannes der Täufer, sondern der grüne Kultursprecher Wolfgang Zinggl. Seine Verfehlungen haben wohl nichts mit Religion zu tun, das legen die schattenhaften Frauen im Hintergrund nahe, die bedrohlich ihre Messer erheben. Salome selbst erscheint eher als eine „Femme fragile“, deren bildliche Inszenierung weniger an Täter denn an Opfer denken lässt. Hier wird noch einmal eine Entwicklung bestätigt, die mit Export und Lassnig bereits beginnt: Die Künstlerinnen haben sich die Kunstfigur der Femme fatale angeeignet, sie umgedreht und neu besetzt.

„Les Femmes Fatales“, Forum Frohner, Krems-Stein, bis 3.10., täglich 11–17 Uhr.


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