Salzburger Nachrichten am 2. August 2006 - Bereich: Kultur
Freud hätt's nicht gefallen Salzburg: Fotohof zeigt
"Steig auf die Gebirge, sag ich dir, und iß Erdbeeren"
Niko WahlSalzburg (SN). "Steig auf die Gebirge, sag ich Dir, und iß
Erdbeeren", riet 1873 der junge Sigmund Freud einem Schulfreund mit
Liebeskummer. Mit 17 Jahren vertraute Freud auf die Begegnung mit
unberührter Natur - die Psychoanalyse war noch nicht entwickelt. Am
Dienstagabend eröffnete unter dem gleichen Titel eine von Eva Maria
Stadler und Thomas Trummer kuratierte Ausstellung mit Werken von zehn
Künstlern im Salzburger Fotohof. Die Arbeiten setzen sich mit der Natur auseinander. Darüber hinaus sind
in den meisten gezeigten Werken auch Bezüge auf Freud und sein späteres
Werk zu finden. Neben einem Modell jenes Berges, den Hans Schabus letztes
Jahr im Rahmen der Biennale von Venedig über den österreichischen Pavillon
gestülpt hatte, sind unter anderem Arbeiten von Matthias Herrmann, Justine
Kurland, Lois & Franziska Weinberger, Monica Bonvicini und Sam Durant
zu sehen. Matthias Herrmann, der sich seit Jahren mit dem eigenen Körper
künstlerisch beschäftigt, steuerte eine Serie aus fünf Fotos bei, die ihn
selbst in unterschiedlichen Positionen teils nackt im Wald zeigen. Die
Beziehung zwischen Natur und Körperlichkeit erscheint ebenso ein Thema wie
das Ausgeliefertsein. Ein Bild zeigt Herrmann im Brautkleid auf einem Baum
schwebend. Assoziativ drängt sich hier eine Himmelfahrt auf, vielleicht
als Reaktion auf die Freud'sche These der Sublimierung. Danach ist Kunst
nur Ersatzhandlung zur Triebbefriedigung. Nacktheit und Natur spielen auch in Kurlands Arbeiten eine wichtige
Rolle. Ein nackter alter Mann, der als "mutiger Idiot" tituliert ist,
rudert mit einem Kanu durch einen Sumpfwald, zwei Bilder zeigen
unterschiedliche Farmbewohner: Einerseits eine Gruppe von Hippies,
andererseits eine klassische Farmerfamilie, bei der ein modern gekleideter
junger Mann mit dem T-Shirt-Aufdruck "Independent" auffällt. Ob man hier
den psychoanalytisch relevanten Kontext erkennen soll, die Loslösung von
der Familie, ist schwer zu sagen. Sigmund Freud selbst hielt übrigens nicht viel von zeitgenössischer
Kunst, sondern vertraute lieber auf Kunst des 19. Jahrhunderts. |