Wiener Zeitung · Archiv


Kunstberichte
Am Samstag eröffnet das "Phantasten Museum Wien" im Wiener Palais Palffy

Raumgewinn für Fantasien

Rätselhaft phantastisch: "Ikarus oder Drugpilot" von Kurt
 Stenvert im neuen Museum. Foto: apa/Neubauer

Rätselhaft phantastisch: "Ikarus oder Drugpilot" von Kurt Stenvert im neuen Museum. Foto: apa/Neubauer

Aufzählung Neues Museum huldigt legendären Nachkriegs-Malern wie Ernst Fuchs und Arik Brauer.
Aufzählung Betrieb ohne öffentliche Gelder.

Wien. Während mancher Museumsdirektor seit Jahren erfolglos von einem Neubau fantasiert, erhält nun in Wien zumindest der "Phantastische Realismus" mehr Raum. Ohne viel Getöse ist das neue Museum entstanden, verfügt zugleich aber auch nicht über spektakuläre Platzverhältnisse: Das "Phantasten Museum Wien" residiert auf 550 Quadratmetern im Palais Palffy, in dem das Österreichische Kulturzentrum beheimatet ist.

Am Samstag nimmt die neue Institution ihren Betrieb auf. Die Dauerausstellung zeigt 150 Arbeiten von 120 Künstlern, im Februar wird eine erste Sonderausstellung aufgefahren.

Erich Peischl, Geschäftsführer des Kulturzentrums, erklärt, dass das Museum eigentlich "zufällig" entstanden sei. Die Idee gehe auf einen Plan des Kunstsammlers Gerhard Habarta aus dem Jahr 2000 zurück, der damals den Kulturpark "Paradiso" in der Nähe der Ernst-Fuchs-Villa in Wien vorsah. Das Projekt scheiterte, danach veröffentlichte Habarta jedoch das "Lexikon der phantastischen Künstler" (2009), das eine Grundlage für das jetzt entstandene Museum darstellt. "Wir haben Glück, das nun zu konzeptionieren und die Arbeiten zur Verfügung gestellt zu bekommen", sagt Peischl. Für Habarta sei durch das Museum quasi ein Lebenstraum in Erfüllung gegangen.

Ernst Fuchs omnipräsent

Der Rundgang durch die Schau beginnt bei den Ursprüngen der Wiener Schule des Phantastischen Realismus, die nach dem Zweiten Weltkrieg rund um die Protagonisten Fuchs, Arik Brauer, Anton Lehmden, Wolfgang Hutter und Rudolf Hausner entstanden ist. Ein Beispiel für diese Anfänge ist auch Fritz Janschkas Werk "Das große Lalula" (1946), eine Bleistiftzeichnung mit ineinanderfließenden Figuren von unterschiedlicher Größe und Form, die sich detailreich und verspielt zeigt. Von enormer Plastizität gekennzeichnet ist das Großformat "Saure Gurkenzeit" (1971) von Fritz Aigner, das einen nackten Mann mit einer Schubkarre zeigt, auf der sich überdimensionale Gurken zu einem gewaltigen Penis auswachsen.

Ein Name, der in beinahe jedem Abschnitt der Ausstellung vorkommt, ist Ernst Fuchs. Der Künstler, der im dritten Stock des Palais Palffy auch ein Atelier hat, fertigte für das Museum extra ein Werk an: "Jesus von Pilatus", entstanden im Vorjahr, basiert auf einer Arbeit Fuchs’ aus den Jahren 1955/56 und ist von einer kühlen Stimmung geprägt. Fuchs begegnet man aber auch in dem Bereich, der sich dem "Pintorarium" widmet, das der Künstler mit Friedensreich Hundertwasser und Arnulf Rainer gegründet hat. Plakate und Fotos der Körperbemalungsaktionen zeichnen ein Bild der Entstehungsgeschichte und Arbeitsweise der Gruppe. Ebenfalls vertreten sind so prominente heimische Künstler wie Brauer oder Maria Lassnig.

Risiko mit Vorteilen

Peischl betont, dass das Museum ohne Förderung arbeite, also alles privat finanziert wurde. Damit sei zwar ein Risiko verbunden, andererseits aber auch ein Vorteil, da man flexibler arbeiten könne: "Sonst hätte das Projekt wahrscheinlich fünf Jahre bis zur Realisierung gebraucht." Tatsächlich habe man etwa ein Jahr an der Entwicklung gearbeitet. Mit seiner thematischen Ausrichtung sei das Haus nicht nur in Wien, sondern eigentlich weltweit einzigartig. "Unser Vorteil ist, dass die anderen Museen diese Richtung eigentlich nicht zeigen", sagt Peischl. Die gezeigten Arbeiten sind Leihgaben der Künstler und privater Sammler, doch verdankt sich auch einiges der Zusammenarbeit mit der Stadt Wien und dem Wien Museum.

Neben heimischen Vertretern und Klassikern des Phantastischen werden auch aktuelle und internationale Künstler und Strömungen präsentiert. Im letzten Abschnitt der Schau sind unter anderem Arbeiten der Britin Brigid Marlin ("Wolves in the Cathedral") oder des russischen Künstlers Victor Safonkin ("Whale Hunter") zu sehen. Ebenfalls vertreten ist die deutsche Gruppe "Die neuen Meister" rund um Siegfried Zademack. Die erste Sonderausstellung wird dann in der Galerie im ersten Stock Arbeiten von 30 französischen Künstlern zeigen, die sich inhaltlich mit dem Fragezeichen auseinandersetzen.

Josefsplatz 6, 1010 Wien; Eröffnung am 15. Jänner um 10 Uhr, Eintritt 9 Euro;
Website

 

Printausgabe vom Freitag, 14. Jänner 2011
Online seit: Donnerstag, 13. Jänner 2011 19:30:00

Kommentar senden:
Name:

Mail:

Überschrift:

Text (max. 1500 Zeichen):

Postadresse:*
H-DMZN08



* Kommentare werden nicht automatisch veröffentlicht. Die Redaktion behält sich vor Kommentare abzulehnen. Wenn Sie eine Veröffentlichung Ihrer Stellungnahme als Leserbrief in der Druckausgabe wünschen, dann bitten wir Sie auch um die Angabe einer nachprüfbaren Postanschrift im Feld Postadresse. Diese Adresse wird online nicht veröffentlicht. Bitte beachten Sie unsere Feedback-Regeln.

Wiener Zeitung · 1040 Wien, Wiedner Gürtel 10 · Tel. 01/206 99 0 · Mail: online@wienerzeitung.at