WIEN (apa). "Ich gehe nicht als Dozent in Pension, ich gehe als Nitsch
in Pension", kommentierte Hermann Nitsch von Frankfurt aus seinen Abschied
als Lehrbeauftragter der Frankfurter Städelschule. "Ich hatte ja hier (in
Deutschland, Anm.) nie einen Status. Fünf deutsche Kulturminister haben zu
verhindern gewusst, dass ich einen Professorenstatus erlange." Er würde
sich auch dagegen verwehren, als Dozent oder Lehrbeauftragter bezeichnet
zu werden. "Wenn schon nicht Professor, dann der Herr Nitsch - das ist ja
eh viel besser. Übrigens auch der Status, den Beuys hier hatte."
Österreichischer Professorentitel
Dass er mittlerweile einen österreichischen Professorentitel trägt,
habe es den Deutschen "sehr leicht" gemacht. So nämlich sei die Affäre um
seine Bestellung in Deutschland kaum mehr im öffentlichen Bewusstsein.
"Mein Traum wäre ja gewesen, in Österreich zu unterrichten", bekennt
Nitsch. Aber das sei anfangs aus politischen Gründen unmöglich gewesen.
"Und dann haben es die Kollegen auf der Angewandten und der Bildenden (der
Universität der bildenden Künste, Anm.) verhindert. Da war niemand sehr
scharf darauf, dass ich dort hinkomme."
Polemik von FPÖ
Obwohl das Klima seiner Arbeit gegenüber insgesamt "überall wesentlich
besser" geworden sei und seine Arbeit viele Verehrer habe, gebe es
trotzdem immer wieder Probleme, vor allem von politischer Seite. Die FPÖ,
die immer besonders gegen ihn polemisiert hätte, sei zwar mit ihrem
Antritt als Regierungspartei innerhalb der schwarz-blauen Koalition
relativ still geworden. "Da haben sie aufgehört, mich zu schänden, das
konnten sie sich in der Koalition nicht mehr erlauben."
"Vertrauen entzogen"
Dass ihm Staatsoperndirektor Ioan Holender aber das "Vertrauen
entzogen" hat, wie "fast fix"angeboten, den "Parsifal" zu inszenieren,
hänge möglicherweise auch mit dem Antritt von Schwarz-Blau in der
Regierung zusammen, vermutet Nitsch. Immerhin sei er, da er auf eigenen
Beinen stehe, nicht von den finanziellen Kürzungen unter der neuen
Regierung im Kunstbereich betroffen - "was sehr schlimm geworden ist, vor
allem für die Jüngeren und die Theaterleute und Literaten".
"Bis ans Lebensende lehren"
Einen Abschied vom Unterrichten überhaupt bedeute das Ende seiner
Tätigkeit an der Städelschule nicht. "Ich habe mein ganzes Leben lang
gelehrt, auch ohne staatlichen Auftrag, und ich werde auch wohl bis an
mein Lebensende lehren, im Rahmen meiner Theaterarbeit. Der Umgang mit den
jungen Menschen hat mir immer sehr viel Freude gemacht."
Nitsch-Retrospektive
Die nächste Gelegenheit dazu bietet sich 2004 beim Zwei-Tage-Spiel -
"für ein Sechs-Tage-Spiel reichen derzeit meine finanziellen Mittel nicht"
- auf Nitschs Schloss Prinzendorf. Zuvor, kommenden Oktober, anlässlich
von Nitschs 65. Geburtstag (am 29.8.) wird in der Sammlung Essl eine große
Nitsch-Retrospektive stattfinden - "vielleicht die schönste Ausstellung,
die ich je hatte". Dabei soll es auch eine "große Aktion mit vollem
Instrumentarium" geben - "zum letzten Mal außerhalb von Prinzendorf, eine
einmalige Ausnahme".
© Die Presse | Wien