Lustenau (VN-ag) Analog zu ihrem
favorisierten Medium der Zeichnung, erweist sich die in Bregenz
lebende Künstlerin Sabine Lingenhöle-Rainer als genaue Beobachterin
ihrer Umgebung. Das Verhalten der Menschen zueinander, ihr Umgang
miteinander, der sich in Körpersprache und Gestik ausdrückt, sind
Thema und Motiv ihrer neuesten Arbeiten.
Die G+MVerwaltungszentrale in Lustenau beherbergt
verschiedene Firmen unter ihrem Dach. Diesem spezifischen
Ausstellungsort und den unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern der
Firmen trägt ein vierteiliges Objekt von Sabine Lingenhöle-Rainer
ebenso gezielt wie (umgelegt auf die Kunst) humorvoll Rechnung. Vier
Arbeitsmäntel in den Farben des Firmenlogos (Grün, Rot, Blau, Gelb)
kreisen um das Thema "Art is . . . mind managing/spirit
catering/soul cleaning/life protecting".
Etwas glamouröser geben sich dagegen zwei schwarze
Cocktailkleider mit den goldenen Aufschriften: "Kunst ist kein
Luxus!" bzw. "Kunst ist notwendig!", wo das Politische der Aussagen
durch die Eleganz der Objekte augenzwinkernd ironisiert wird. Neben
den Objekten, die stets in enger Verbindung mit dem Menschen zu
sehen sind, bestimmte Gedanken vermitteln (Kleidung ist mehr als nur
Hülle, sie bedeutet Status, Prestige . . .) und zu denen auch
handelsübliche weiße Herrenhemden mit eingearbeiteten Keilrahmen
gehören, sind es vor allem die Zeichnungen, die das Werk dieser
Künstlerin ausmachen. Buntstifte, Kreide und Kohle stellen das
minimalisierte technische Equipement dar, das ein rasches Agieren
und Reagieren in der jeweiligen Situation ermöglicht. Denn die
Bilder entstehen nicht in der stillen Abgeschiedenheit eines
Ateliers, sondern mitten im Leben, was im Falle von Sabine
Lingenhöle-Rainer inmitten einer Familie mit Kindern heißt. Dass
deswegen weder die Künstlerin noch ihre Arbeiten Klischees
gehorchen, darüber legen ihre meist großformatigen Zeichnungen mit
den gezielten Farbsetzungen beredtes Zeugnis ab.
Bewegter Strich
Doppeldeutiges wie "Fliegen" (einmal als Stubenfliege,
einmal als modisches Accessoire), die Bildwerdung des Begriffs
"Schnecken-Tempo", die zeitgemäßen Adaptionen von Märchen oder aber
die gar nicht so harmlosen Gewächse aus dem "Garten der Lüste"
zeugen von dieser angesprochenen Tiefe, die zugleich aber immer auch
eine bestimmte Art von Leichtigkeit impliziert.
Und auch wenn die dargestellten Menschen in den Zeichnungen
durchwegs gesichtslos sind und das Ganze mit einer gewissen
Bestandsaufnahme einhergeht, so lässt vielleicht allein schon der
bewegte Strich vermuten, dass Sabine Lingenhöle-Rainer nicht die
dargestellte Frau mit der geschnürten Wespentaille und den
Stöckelschuhen ist. Denn energisch und konzentriert, bewusst gesetzt
und die dargestellten Dinge keinen Moment aus den Augen verlierend,
haftet diesem Strich so gar nichts Kapriziöses an. Dagegen
vermittelt er ein wohltuendes Gefühl vom Leben als Bewegung
einerseits und vom Verankertsein in der Realität andererseits.
Arbeit von Lingenhöle-Rainer.