VN Sa, 3.11.2001

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Kultur 

Bin nicht die Frau mit den Stöckelschuhen

Neue Arbeiten von Sabine Lingenhöle-Rainer in der G+MZentrale in Lustenau

Lustenau (VN-ag) Analog zu ihrem favorisierten Medium der Zeichnung, erweist sich die in Bregenz lebende Künstlerin Sabine Lingenhöle-Rainer als genaue Beobachterin ihrer Umgebung. Das Verhalten der Menschen zueinander, ihr Umgang miteinander, der sich in Körpersprache und Gestik ausdrückt, sind Thema und Motiv ihrer neuesten Arbeiten.

Die G+MVerwaltungszentrale in Lustenau beherbergt verschiedene Firmen unter ihrem Dach. Diesem spezifischen Ausstellungsort und den unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern der Firmen trägt ein vierteiliges Objekt von Sabine Lingenhöle-Rainer ebenso gezielt wie (umgelegt auf die Kunst) humorvoll Rechnung. Vier Arbeitsmäntel in den Farben des Firmenlogos (Grün, Rot, Blau, Gelb) kreisen um das Thema "Art is . . . mind managing/spirit catering/soul cleaning/life protecting".

Etwas glamouröser geben sich dagegen zwei schwarze Cocktailkleider mit den goldenen Aufschriften: "Kunst ist kein Luxus!" bzw. "Kunst ist notwendig!", wo das Politische der Aussagen durch die Eleganz der Objekte augenzwinkernd ironisiert wird. Neben den Objekten, die stets in enger Verbindung mit dem Menschen zu sehen sind, bestimmte Gedanken vermitteln (Kleidung ist mehr als nur Hülle, sie bedeutet Status, Prestige . . .) und zu denen auch handelsübliche weiße Herrenhemden mit eingearbeiteten Keilrahmen gehören, sind es vor allem die Zeichnungen, die das Werk dieser Künstlerin ausmachen. Buntstifte, Kreide und Kohle stellen das minimalisierte technische Equipement dar, das ein rasches Agieren und Reagieren in der jeweiligen Situation ermöglicht. Denn die Bilder entstehen nicht in der stillen Abgeschiedenheit eines Ateliers, sondern mitten im Leben, was im Falle von Sabine Lingenhöle-Rainer inmitten einer Familie mit Kindern heißt. Dass deswegen weder die Künstlerin noch ihre Arbeiten Klischees gehorchen, darüber legen ihre meist großformatigen Zeichnungen mit den gezielten Farbsetzungen beredtes Zeugnis ab.

Bewegter Strich

Doppeldeutiges wie "Fliegen" (einmal als Stubenfliege, einmal als modisches Accessoire), die Bildwerdung des Begriffs "Schnecken-Tempo", die zeitgemäßen Adaptionen von Märchen oder aber die gar nicht so harmlosen Gewächse aus dem "Garten der Lüste" zeugen von dieser angesprochenen Tiefe, die zugleich aber immer auch eine bestimmte Art von Leichtigkeit impliziert.

Und auch wenn die dargestellten Menschen in den Zeichnungen durchwegs gesichtslos sind und das Ganze mit einer gewissen Bestandsaufnahme einhergeht, so lässt vielleicht allein schon der bewegte Strich vermuten, dass Sabine Lingenhöle-Rainer nicht die dargestellte Frau mit der geschnürten Wespentaille und den Stöckelschuhen ist. Denn energisch und konzentriert, bewusst gesetzt und die dargestellten Dinge keinen Moment aus den Augen verlierend, haftet diesem Strich so gar nichts Kapriziöses an. Dagegen vermittelt er ein wohltuendes Gefühl vom Leben als Bewegung einerseits und vom Verankertsein in der Realität andererseits.

Arbeit von Lingenhöle-Rainer.




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