Und ewig lacht das Weib
(cai) Ein Alphorn blasender Buckelwal (oder ein Regenwurm mit Schluckauf), das wäre wirklich
irritierend. (Weil man das nicht einmal mehr auf den Klimawandel
schieben könnte.) Aber "Die traurigste lustigste Skulptur der Welt"
klingt doch eh nach einem ganz normalen Weltwunder. Das ins
Guinness-Buch der Rekorde aufgenommen gehört. Dort fänden ja auch der
betrunkenste Dirigent, der schrillste Sopran und das unsichtbarste
Bühnenbild Eingang.
Und wie sieht sie aus, die "traurigste lustigste Skulptur" des
Planeten (und des Julien Bismuth)? Nicht wie ein Lachsack mit
Depressionen. Zwei etwa kniehohe Holzwürfel, einer gelb, einer rot.
Mysteriös wie ein Witz ohne Pointe. Freilich sind sie derzeit
"inaktiv". Bei der Vernissage standen da zwei "Pointen" drauf:
professionelle Gefühlssimulantinnen (Schauspielerinnen). Die eine hat
sich zerkugelt, die andre geheult wie einer, der sein Geld in
Immobilienaktien angelegt hat. Lachyoga und Plärryoga war das wohl nicht . Eventuell eine Publikumsbeweinung und eine Publikumsverlachung (frei nach Handke).
Oder ein soziologisches Experiment. Schauen, was ansteckender ist:
Lachen oder Weinen, und ob die massenhysterische Heiterkeit oder
epidemische Trauer ausbricht. Da würde nur noch "Die müdeste (oder
gelangweilteste) Skulptur auf der Welt" fehlen. Schließlich ist die
allerinfektiöseste Regung das Gähnen. Bismuth mag
Superlative. Auch "Die reumütigste Skulptur im Raum" ist von ihm. Ein
Sockel mit Entschuldigungszwang. Eine Stimme sagt auf diverse Arten
(flehend, arrogant, angezipft): "Es tut mir leid." Einen Sockel durch
eine aufwühlende Performance oder eine enervierende Akustik zu
"vermenschlichen", ist sicher was kunsttheoretisch Hochintellektuelles.
Mir juckt schon das Hirn.
Alles Ostern (oder was)?
(cai) Nein, ich glaub’ das nicht, dass das nix weiter sein soll als
"erweiterte Malerei", Farbe, die halt von der Bildfläche in den Raum
expandiert. Absolut "selbstgenügsame" Kompositionen (von Torie Begg),
monochrome Gemälde, vor denen "bedeutungslose" Gegenstände arrangiert
sind, auf die dieselbe Farbe genüsslich aufgetragen ist. Ich bin doch
nicht blöd ! Religiöse Andachtsbilder sind das! Die
Panoramaformate, an die ein Utensil der Pinselzunft angelehnt ist (die
Aufstiegshilfe der Maler und Anstreicher), sind natürlich Landschaften
mit Jakobsleiter. Dann das Opus in der Farbe der Ewigkeit (Gold): Ein
leerer Sessel, davor verwaiste Schuhe, wieder die "Himmelsleiter" und
drei Gitarren. Entweder ein ikonoklastisches Porträt der thronenden
Dreifaltigkeit oder: das Osterwunder. Unverhohlene
Auferstehungsikonografie. Ich kann ja nix dafür, dass diese
Objektbilder, wo die Dinge nicht ge malt, sondern be malt sind und die Farbenwollust (das lustvolle Rinnen) keine Sünde ist, bei mir "fromme" Gefühle auslösen.
Beim Häuten der Milch
(cai) Gut, die Haut von der Milch zu kletzeln, ist schon
ein bissl einfacher als das, was Ahmet Oran tut. Er wartet immerhin
geduldig vor seinen trocknenden Ölbildern, bis sie "reif" sind. Bis die
Farbschichten die richtige Konsistenz haben, wenn er sie rhythmisch
(und effektvoll) aufreißt. Die Bilder (die extrem frisch riechen) sind
in strenger Pinselabstinenz entstanden. Ein Schnitzel muss ich ja auch nicht mit dem üblichen Besteck berühren, um es zu essen. (Da gibt es alternative
Praktiken.) Wenn ich nun den Einfluss der benebelnden Terpentindämpfe
auf mein Urteilsvermögen abziehe, bleiben vier Sterne übrig.
Galerie Feichtner
(Seilerstätte 19)
Ahmet Oran
Bis 5. April
Di. bis Fr. 10 bis 18 Uhr
Sa. 10 bis 16 Uhr
Galerie Grita Insam
(An der Hülben 3)
Torie Begg
Bis 30. April
Di. bis Fr. 12 bis 18 Uhr
Sa. 11 bis 16 Uhr
Layr Wuestenhagen Contemporary
(An der Hülben 2)
Julien Bismuth
Bis 26. April
Di. bis Fr. 11 bis 18 Uhr
Sa. 11 bis 16 Uhr
Dienstag, 18. März 2008
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