DER STANDARD, 17. November 2001 |
Kunst in Kisten
"Arteast Collection 2000+"
in der Innsbrucker Orangerie
STANDARD-Mitarbeiterin Ursula Philadelphy
Innsbruck - Kunst in Kisten. In
riesigen Transportkisten: Arteast Collection 2000+, kuratiert von
Peter Weibel, dem Chefkurator der Neuen Galerie Graz, und Zdenka
Badovinac, stellt in der Orangerie des Innsbrucker Congress die Sammlung
der Moderna galerija Ljubljana vor, das Design stammt von der
Laibacher Künstlergruppe New Collectivism.
Anlass der ungewöhnlichen Schau ist eine
Tagung der Kulturminister, zu der Kunststaatssekretär Franz Morak, wie
berichtet, seine mittel- und osteuropäischen Kollegen einlud. Und was
liegt da näher, als auf eine der wahrscheinlich spannendsten Sammlungen
zurückzugreifen? Multikulturalismus oder Retroavantgarde sind nur einige
der Schlagworte, mit denen man versucht, diese grenzüberschreitende
Sammlung doch irgendwie zu definieren. Natürlich steht die Medienkunst im
Zentrum - und unweigerlich fragt sich der Besucher, ob wieder einmal die
Technik ihren Geist aufgegeben hat, wenn man auf dem blauen Bildschirm
weißes Liniengeflimmere auf schwarzem Grund sieht.
Alexander Roitburds Video, das die
"psychedelische Invasion des Panzerkreuzers Potemkin in Sergej Eisensteins
tautologischen Halluzinationen" behandelt, kommt ebenso gut an, wie
Vladimir Kupriyanovs Fotografien Gedenken an Puschkin aus dem Jahr
1984. Manches erscheint bizarr, anderes wiederum betont provokant
improvisatorisch präsentiert, wie etwa Anatoly Osmolovskys
Computerausdruck von einer Fotoarbeit, neben dem die Bemerkung zu lesen
ist, dass diese Arbeit üblicherweise in einem Metallrahmen gezeigt
wird.
Die mehr oder weniger frühe Avantgarde des
Ostens wurde um dialogfähige Blicke in den doch etwas anderen
künstlerischen Westen erweitert, und das sich daraus entwickelnde
konzeptuelle Experiment schließt Namen wie Kasimir Malewitsch, Jií Valoch,
Milica Tomic und Sanja Ivecovic mit ein.
Provokation am Balkon
Von Ivecovic, im Frühling mit einer Personale
in der Taxisgalerie vertreten gewesen, wird im Rahmen von Arteast
Collection 2000+ ihre dreiteilige Fotodokumentation der 1979
entstandenen Performance Triangle gezeigt. Die Künstlerin
provozierte damals anlässlich eines Präsidentenbesuches in Zagreb die
Polizei, indem sie auf ihrem Balkon scheinbar masturbierte, Whiskey trank,
rauchte und in einem Buch las. Der am Hochhaus gegenüber postierte
Polizeibeamte klingelte kurz danach an der Türe der Künstlerin und
forderte sie auf, "Personen und Objekte vom Balkon zu entfernen". Bis
21. 11.
© DER STANDARD, 17./18. November
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