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Logos für die Kunst in Wien
Museen
Museumsquartier Wien eröffnet - zum Schlendern und Schlemmen
Von Sabine B. Vogel
 
1. Juli 2001 An diesem Wochenende wird in der Wiener Innenstadt das sogenannte „Museumsquartier“ eröffnet. Ein erster Rundgang erklärt, was das eigentlich ist.

In einer Achse mit den historischen Bauten am Heldentor und den Natur- und Kunsthistorischen Museen setzt das neue, immens große Areal mitten im Herzen von Wien jetzt ein deutliches Zeichen für zeitgenössische Architektur und Kultur. Das Museumsquartier, das sind die umgebauten ehemaligen Hofstallungen, die der Architekt Fischer von Erlach 1723 im Auftrag von Kaiser Karl VI. erbaut hat.

Winterreithalle und Kaiserloge

Diese barocke Anlage bildet wie Festungsmauern den Rahmen, das Zentrum nimmt die 1850 errichtete Winterreithalle ein. Sie dient jetzt als multifunktionaler Veranstaltungsraum, in dem die Wiener Festwochen bereits ihr diesjähriges Programm starteten. Das Prunkstück der Halle ist separiert und gehört nun zur neuerrichteten Kunsthalle Wien: die Kaiserloge. Das Wiener Architektenduo Eichinger und Knechtl baute die Räume kurzerhand in ein feines Café um, dessen Tische bei schönem Wetter bis auf den Vorplatz zum Museum Moderner Kunst reichen.

Neubauten: Leopoldmuseum, Museum Moderner Kunst

Es sind diese gewaltigen Neubauten, die mit ihrer Größe und den verwendeten Materialien das Innere der Anlage dominieren: weißer Muschelkalk für das Leopoldmuseum mit seiner Sammlung rund um Schiele, Klimt und Kokoschka; roter Backstein für die Kunsthalle mit ihren zeitgenössischen Wechselausstellungen, grauer Granit für das fensterlose Museum Moderner Kunst. Aber auch die Nebengebäude rund um die zahlreichen Innenhöfe wurden von dem Architektenduo Laurids und Manfred Ortner - in Zusammenarbeit mit Manfred Wehdorn, der für die historische Substanz zuständig war - umgebaut.

Ihr Motto: ein konstruiertes Durcheinander zu erzeugen, das die Trennung zwischen alt und neu immer wieder durchbricht. Überall geben Treppen, funktionslose Durchblicke und kleine Terrassen unerwartete Aussichten auf das verwinkelte Gelände, das im Gegensatz zu vergleichbaren internationalen Kulturzentren eine lebendige Mischung bietet aus alter und neuer Kunst, aus Tanzveranstaltungen, dem hervorragenden Kindermuseum ZOOM, dem Architekturzentrum, den Projekträumen und der schon jetzt als Treffpunkt der Wiener Szene etablierten Gastronomie.

Viel bewegt

Wie gewaltig das Projekt Museumsquartier ist, zeigt auch ein kleiner Blick in die Bau-Chronologie: Verzeichnet sind 92.000 m3 Abbruch, 85.000 m3 Aushub, 32.000 m3 verbauter Beton und Aufzüge, die zusammengenommen 42.870 Personen innerhalb einer Stunde transportieren können. Die Baukosten betrugen rund 300 Millionen Mark, der Werbeetat im ersten Jahr knapp 3 Millionen Mark. Gerechnet wird mit gut eine Millionen Besucher pro Jahr.

Auch wenn die meisten Häuser erst in der zweiten und dritten Feier-Welle, die noch folgen wird eröffnen, können die ersten Besucher schon jetzt viele spannende Ausstellungen sehen:

Die Kunsthalle wartet mit Steve McQueen und der Gruppenausstellung "Die barocke Party" auf und das Architekturzentrum irritiert mit der sound-intensiven Foto-Video-Installation "Detonation Deutschland" von Julian Rosefeldt & Piero Steinle. Auf sieben riesigen Projektionsflächen wird darin Haus für Haus in die Luft gesprengt. Zu sehen ist eine Chronologie deutscher Architektur von 1945 bis heute, von Bauen und Zerstören, von Befreiung und Vernichtung, von Sprengung und Wiederaufbau. Das Ganze steht im beeindruckenden Gegensatz zum österreichischen Museumsquartier, in dem neu nicht alt ersetzt, sondern facettenreich ergänzt.


 
Ausstellung Kunsthalle Wien, Steve McQueen, bis 19.8.; Die Barocke Party, bis 16.9.,
  Ausstellung Architekturzentrum Wien, Julian Rosefeldt & Piero Steinle, Detonation, bis 3.9.


Text: @blo
 
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