Der 1964 in Brunnen in der Schweiz
geborene Rondinone hat eine gewisse Affinität zu Österreich. Er war beim
Orgien und Mysterienspiel Hermann Nitschs kurzfristig Assistent und
studierte von 1986 bis 1991 bei Ernst Caramelle an der Hochschule für
angewandte Kunst. Bekannt wurde Rondinone, der heute in New York lebt,
Anfang der 90er Jahre, als er die unterschiedlichsten Installationen
kreierte, die vom Kontrast von Künstlichkeit und Natürlichkeit lebten.
Das Repertoire
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"Moonlighting" |
Er kombiniert Schauspiel, Klang, Fotografie, Videos und Malerei. Seine
Themen sind immer wieder Heimat und Wurzellosigkeit. Rondinones Arbeiten
haben etwas Irritierendes. Mit seinen hochartifiziellen Installationen
schafft er suggestive Stimmungen, die ein Lebensgefühl der menschlichen
Isolation einfangen. Oft werden diese Installationen durch farbiges Licht
und akustische Untermalungen unterstützt.
Rondinone hat einen engen Bezug zu Musik und Poesie. Samplen und
Zitieren sind folglich häufig benutzte Strategien seiner Kunst. Er
paraphrasiert kunsthistorische Phänomene, literarische Miniaturen, große
Modeschauen, Details aus der Film- und Designgeschichte.
Ziehsohn Samuel Becketts?
Eine besondere Beziehung von Rondinones Oeuvre gibt es zum Werk Samuel
Becketts, wie auch Gaby Hartel in ihrem Beitrag "Ist die Schwerkraft noch
die alte?" für das Kunstbuch zur Kunsthallenausstellung ausführt. Schon
die Vergabe von Werktiteln weist auf Gemeinsamkeiten hin. Aus "Nacht und
Träume" (Beckett 1983) wird "I never sleep" (Rondinone 1998), aus "Not I"
(Beckett 1975), "I don't live here anymore" (Rondinone 1995-2000). In
"Moonlight and Aspirin" zitiert der Schweizer, dann direkt aus Becketts
"Endspiel" (1957). Selbst der Titel der Kunsthallen-Ausstellung "No How
On" basiert auf einem Zitat des Beckett-Prosatextes "Worstward Ho" von
1983.
Vom Sein
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"Moonlighting" |
Beide
Künstler sind Meister der leisen Tönen. Sie analysieren das Bewusstsein
und versuchen Raum, Figur und Betrachter so nachzuspüren, dass scheinbar
objektive Aussagen über das Sein möglich sind, dennoch kippen sie immer
wieder ins Subjektive. Wenn Beckett seine Figuren aufs Extremste
exponiert, bleibt er doch in dem Netz der Ichs seiner Figur hängen.
Ähnlich wie Beckett zweifelt Rondinone an der Imaginationskraft des
Menschen.
Die Kunstsprache
Weder Rondinone noch Beckett scheuten sich, zur Verdeutlichung ihrer
Anliegen eine Sprache zu entwickeln, die sich auch der Populärkultur
bediente. So verwendete Beckett Ikonen der Unterhaltungsindustrie wie
Marlene Dietrich im "Traum von mehr oder minder schönen Frauen" 1932, oder
Buster Keaton im "Film" von 1964. Rondinone hingegen zitiert die
Pret-à-porter-Szene und ruft mit seinen Clownfiguren und
Soundinstallationen Erwartungen hervor, die er letztlich nicht
erfüllt.