Das Kunst Haus Wien zeigt Arbeiten des Schweizer Künstlers HR Giger
Im Bann des Monströsen
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HR Giger ist eigener Aussage zufolge kein Satanist, sondern malt sich
seine Ängste von der Seele: "The Spell IV" (1977). Foto: HR Giger, 2011
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Von Edwin Baumgartner
Malen, um den Dämon zu bannen.
Distanz zu Kirche und Satanismus.
Wien.
Das Kunst Haus Wien warnt lieber gleich vor: "Der Künstler HR Giger ist
bekannt für seine Bilder, die Grauen, Ängste, Alpträume, Sexualität und
Dämonisches thematisieren. Entsprechend können einige der in dieser
Ausstellung gezeigten Kunstwerke eine verstörende oder schockierende
Wirkung auf Betrachter haben. Ein Besuch der Ausstellung ist daher für
Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren nicht zu empfehlen."
Monster und Alptraum – die Schweizer mögen klischeehaft als Volk der
Bankiers, Uhrmacher und Schokolatiers gelten. Aber als Monstermaler?
Dabei hatten sie schon früher einen: Johann Heinrich Füssli lehrte die
Romantik das Fürchten. HR Giger hingegen schafft die Monster für unsere
Gegenwart – für eines bekam er sogar einen "Oscar": Sein Entwurf für
das Weltraum-Wesen "Alien" prägte Ridley Scotts Film samt der drei
Fortsetzungen.
Blass sind sie, die Monster des HR Giger, nämlich in Grau- und
Graublaustufen, mit der Spritzpistole sorgsam aufgesprayt. Lebewesen
verbinden sich da mit mechanischen Teilen, Sexualität wird potenziell
tödlich in Szene gesetzt. Sado-Maso der schwülstigsten Art scheint
näher als der für Giger reklamierte Surrealismus. Denn die Surrealisten
setzten Bekanntes in neue Zusammenhänge (Feuer ist bekannt, eine
Giraffe ist bekannt, Salvador Dalís brennende Giraffe ist ein neuer
Zusammenhang zwischen Feuer und Giraffe); Giger hingegen schafft
aggressive Alptraumwesen, als würde er Entwürfe von Satan
höchstpersönlich ausführen.
Die beiden stehen einander ja auch nahe, der Höllenfürst und der
Maler, der ursprünglich als Innenarchitekt Karriere gemacht hatte.
Obwohl Giger nach eigener Aussage mit dem Satanismus nichts am Hut hat:
"Ich bin kein Satanist. Ich finde die Kirche entsetzlich und alle
Sekten abscheulich. Sie verengen den Horizont der Leute, die an sie
glauben. Bei mir hört der Spaß spätestens dann auf, wenn es um Opfer
geht. Wenn unschuldige Tiere oder Menschen leiden müssen", sagt Giger,
der nichts desto weniger als "Frater Alien" Mitglied einer Geheimloge
ist. Seine Aufnahme soll ohne sein Wissen erfolgt sein.
Kunst an der Design-Grenze
Auch für die Bewunderung, die ihm die Church of Satan auf ihrer
Webseite zollt, ist Giger nicht verantwortlich, denn da befindet er
sich mit William Blake, Hieronymus Bosch oder Edvard Munch in
allerbester Gesellschaft.
Vielleicht ist es auch wirklich so, dass sich Giger vor allem seine
Ängste von der Seele malt, denn: "Wenn man seine Ängste malt, verfolgen
sie einen weniger", meint Giger, und: "Meine Erstickungsträume konnte
ich mir zum Beispiel vom Leib malen. Das ist eine Art Exorzismus, den
ich da betreibe. Malen vertreibt den Dämon."
Und sorgt auch für volle Kassen. Denn Giger ist im Geschäft – mit
seinen Bildern, seinen Designs für Schallplatten- und CD-Cover und
Buchumschläge. Auch das Akron-Tarot hat Giger entworfen – der Schweizer
Okkultist Akron wehrt sich übrigens auch dagegen, für einen Satanisten
gehalten zu werden.
Seit Anfang der 1990er Jahre hat Giger die Malerei nahezu
eingestellt und sich der Plastik zugewandt. Schädel, Knochen,
Verschmelzungen von Lebewesen mit Mechanischem beherrschen auch diese
Arbeiten.
Im Kunst Haus Wien zeigt Giger neben eigenen Werken auch solche von
Malern, die ihn beeinflussten, darunter auch Künstler der
österreichischen Schule des phantastischen Realismus. Dass der
kommerzielle Erfolg bisweilen eine inhaltliche Verflachung bewirkt, ist
schließlich keine Schweizer Einzelerscheinung.
"HR Giger – Träume und Visionen", zu sehen bis 26. Juni im Kunst Haus Wien
Printausgabe vom Donnerstag, 10. März 2011
Online seit: Mittwoch, 09. März 2011 18:14:25