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Kunstberichte

Ungarische Rhapsodie in herbstlichem Gelb

Die Kunsthalle Krems zeigt eine Ausstellung über Malerei aus Ungarn
Illustration
- Bertalan Székely: „Mihály Dobozy und seine Gemahlin“ (1861).  Foto: Ungarische Nationalgalerie

Bertalan Székely: „Mihály Dobozy und seine Gemahlin“ (1861). Foto: Ungarische Nationalgalerie

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Károly Ferenczy malte 1894 "Orpheus" als jungen Ungarn, der sich seinen Schmerz über die als Geist entschwebende Eurydike von der Seele geigt. Romantik, Sentiment und Melancholie ist die emotional aufgeladene Gefühlslage, die wir mit der Kunst unseres Nachbarlandes verbinden. Doch oft ist das nur ein Klischee.

Wie wenig in Österreich diese Maler des 19. Jahrhunderts überhaupt bekannt sind, zeigt die Ausstellung "Die ungarische Seele. Romantik und Realismus im Land der Magyaren" mit Meisterwerken aus der Ungarischen Nationalgalerie Budapest in der Kunsthalle Krems.

Romantisches Pathos und Landschaften

Ein Großteil der Künstler studierte an der Wiener Akademie, in München und Paris, wo sie Goldmedaillen im Salon gewannen. Viktor Madarász’ Ölskizze "Die Beweinung des László Hunyadi" von 1859, ein dramatisch-hochromantisches Nachtstück, vertritt den Zeitgeschmack in ganz Europa.

Der Landschaftsmaler László Paál blieb in der Nähe der modernen Freiluftmaler der Schule von Barbizon bei Fontainebleau. Mihály Munkácsys Stil hat durch ein Deckenbild im Wiener Kunsthistorischen Museum die Ringstraßenmalerei mit geprägt. Mit "Ein Reisigbündel tragende Frau" und "Ein Dorfheld" erweist er sich aber auch als sensibler Beobachter des einfachen Lebens ungarischer Bauern.

Von der Romantik zum sozialen Realismus verläuft damit auch die persönliche Entwicklung einiger Maler.

Erst 1871 bekam Budapest seine eigene Kunstakademie, bekannter sind aber die freien Künstlerkolonien in Szolnok und Nagybánya; der charismatische Simon Hollósy gründete in München eine beliebte Privatschule. So kam der Einfluss ungarischer Malerei in den Westen, während dort Karl Rahl und Ferdinand Georg Waldmüller stark wirkten.

Lyrisches Pathos mischt sich in die vielen nationalen Themen, die den Freiheitskampf ab 1848 gegen die Habsburger meinen, aber in historische Szenen verpacken.

König Béla IV., der 1241 vor den Tartaren fliehen musste, wird da von Mór Than in nächtlicher Abschiedsszene zum leidenden Christus.

Laszive Erotik

und Salonmalerei

Einen Ausblick in die Zukunft bilden die impressionistischen Werke von Pál Szinyei Merse, der 1905 Direktor der Budapester Akademie wurde. Davor hatte er große Mühe, sich mit seinem neuen Stil durchzusetzen. Seine "Wiese mit Klatschmohn" von 1896 zeigt den Schüler des Münchner Historienmalers Carl Theodor von Piloty als ungarischen Claude Monet. Dazu gibt es ein wenig laszive Erotik und Salonmalerei in dem breit angelegten Überblick.

Die lange Laufzeit der Schau sollte zum Schließen unserer Wissenslücken entgegen kommen.

Die ungarische Seele

Romantik und Realismus im Land der Magyaren

Kuratoren: Zszsanna Bakó, Tayfun Belgin

Kunsthalle Krems

Bis 11. Februar 2007

Stimmungsvoll.

Samstag, 12. August 2006


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