Károly Ferenczy malte 1894 "Orpheus" als jungen
Ungarn, der sich seinen Schmerz über die als Geist entschwebende Eurydike
von der Seele geigt. Romantik, Sentiment und Melancholie ist die emotional
aufgeladene Gefühlslage, die wir mit der Kunst unseres Nachbarlandes
verbinden. Doch oft ist das nur ein Klischee.
Wie wenig in Österreich diese Maler des 19. Jahrhunderts überhaupt
bekannt sind, zeigt die Ausstellung "Die ungarische Seele. Romantik und
Realismus im Land der Magyaren" mit Meisterwerken aus der Ungarischen
Nationalgalerie Budapest in der Kunsthalle Krems.
Romantisches Pathos und Landschaften
Ein Großteil der Künstler studierte an der Wiener Akademie, in München
und Paris, wo sie Goldmedaillen im Salon gewannen. Viktor Madarász’
Ölskizze "Die Beweinung des László Hunyadi" von 1859, ein
dramatisch-hochromantisches Nachtstück, vertritt den Zeitgeschmack in ganz
Europa.
Der Landschaftsmaler László Paál blieb in der Nähe der modernen
Freiluftmaler der Schule von Barbizon bei Fontainebleau. Mihály Munkácsys
Stil hat durch ein Deckenbild im Wiener Kunsthistorischen Museum die
Ringstraßenmalerei mit geprägt. Mit "Ein Reisigbündel tragende Frau" und
"Ein Dorfheld" erweist er sich aber auch als sensibler Beobachter des
einfachen Lebens ungarischer Bauern.
Von der Romantik zum sozialen Realismus verläuft damit auch die
persönliche Entwicklung einiger Maler.
Erst 1871 bekam Budapest seine eigene Kunstakademie, bekannter sind
aber die freien Künstlerkolonien in Szolnok und Nagybánya; der
charismatische Simon Hollósy gründete in München eine beliebte
Privatschule. So kam der Einfluss ungarischer Malerei in den Westen,
während dort Karl Rahl und Ferdinand Georg Waldmüller stark wirkten.
Lyrisches Pathos mischt sich in die vielen nationalen Themen, die den
Freiheitskampf ab 1848 gegen die Habsburger meinen, aber in historische
Szenen verpacken.
König Béla IV., der 1241 vor den Tartaren fliehen musste, wird da von
Mór Than in nächtlicher Abschiedsszene zum leidenden Christus.
Laszive Erotik
und Salonmalerei
Einen Ausblick in die Zukunft bilden die impressionistischen Werke von
Pál Szinyei Merse, der 1905 Direktor der Budapester Akademie wurde. Davor
hatte er große Mühe, sich mit seinem neuen Stil durchzusetzen. Seine
"Wiese mit Klatschmohn" von 1896 zeigt den Schüler des Münchner
Historienmalers Carl Theodor von Piloty als ungarischen Claude Monet. Dazu
gibt es ein wenig laszive Erotik und Salonmalerei in dem breit angelegten
Überblick.
Die lange Laufzeit der Schau sollte zum Schließen unserer Wissenslücken
entgegen kommen.
Die ungarische Seele
Romantik und Realismus im Land der Magyaren
Kuratoren: Zszsanna Bakó, Tayfun Belgin
Kunsthalle Krems
Bis 11. Februar 2007
Stimmungsvoll.
Samstag, 12. August
2006