Salzburger Nachrichten am 5. Mai 2006 - Bereich: Kultur
Österreichs Escorial erneuert

Das Stift Klosterneuburg ist renoviert und lädt zum Tag der offenen Tür

ANNE ISOPPKlosterneuburg (SN). Kaiser Karl VI. wollte etwas Großes schaffen. Er wählte das Stift Klosterneuburg, um es zu einer Residenz auszubauen nach dem Vorbild der spanischen Escorials. Sein plötzlicher Tod 1740 aber brachte alles zum Stillstand. Karls Tochter und Nachfolgerin Maria Theresia interessierte sich mehr für Schloss Schönbrunn und hinterließ eine Baustelle, die ihresgleichen sucht und seit nunmehr 300 Jahren der Vollendung harrt.

Im Zuge umfangreicher Restaurierungs- und Bauarbeiten in den vergangenen sechs Jahren wurde der unvollendete Trakt nicht fertiggebaut, sondern in Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt als Baustelle konserviert. Den Besucher erwartet ein räumliches Erlebnis, das auf den ersten Blick so gar nicht barock anmuten will.

"Hier können sie tagelang Geschichten erzählen über das Bauen im Barock", sagte Projektleiter Dieter Bogner bei der Neueröffnung des Stiftes Klosterneuburg am Donnerstag. Für eine Investition von 34,2 Mill. Euro wurde der Barocktrakt des Stiftes einer neuen Nutzung zugeführt, Stiftskirche und -gebäude sind generalrenoviert, die mittelalterlichen Kunstschätze werden neu präsentiert. Weiters wurden am Fuße des Klosters eine Tiefgarage und eine Biomassse-Fernheizung eingebaut. Die Betonbauten für die Garageneinfahrt und die neue Terrasse stammen vom Architekten Heinz Tesar, für den Umbau des barocken Teiles ist das Architekturbüro Driendl verantwortlich.

Man betritt das Stift über die Sala Terrena, den Gartensaal und den hier untergebrachten Besucherempfang. Wer Gold und Pomp erwartet, wird enttäuscht. Anstelle der weiß verputzten und vergoldeten Wände - wie es Kaiser Karl VI. bestellt hatte - umgeben den Besucher unverputzte Ziegelwände.

Der einzige barocke Schmuck ist in der Sala Terrena. Diesen Raum prägen acht Atlanten, die Hofbildhauer Lorenzo Mattielli (1734-1736) geschaffen hat und die mit einer Größe von jeweils 2,5 Metern drohend hinunterschauen. Architekt Georg Driendl hat die Bausubstanz von allen Einbauten befreit, die im Laufe von 300 Jahren hinzukamen, und, wenn notwendig, neue Elemente eingefügt. "Das ist eine Architektur wie bei Piranesi", sagte Dieter Bogner.

Unter dem barocken Trakt sind drei Geschoße mit Weinkellern. Stift Klosterneuburg ist Österreichs ältestes und größtes Weingut. Entlang des "Weinkulturweges" kann man an einer Führung teilnehmen, die durch die Keller führt und mit einer Weinprobe endet. Morgen, Samstag, ist Tag der offenen Tür.