1993 hat die französische Künstlerin
Orlan mit einer live übertragenen Schönheitsoperation an ihrem Gesicht
weltweit für Aufsehen gesorgt. Mit den üblichen Interessen der
Schönheitschirurgen identifiziert sich Orlan nicht, mit den radikalen am
eigenen Körper vollzogenen Schnitten wehrt sie sich vielmehr gegen
gesellschaftliche Zwänge und verwirklicht ihre Schönheitsideale am eigenen
Körper.
So ließ sich die Künstlerin bei der Performance-Operation vor 7 Jahren
links und rechts an der Stirn 2 Höcker implantieren. Fotografien und
Videoaufnahmen, die während dieses Ereignisses entstanden sind, werden im
Vorarlberger Kunstverein "Magazin 4" in Bregenz präsentiert. Eröffnet
wurde die erste Einzelausstellung von Orlan in Österreich unter dem Motto
"Omniprécence" am 15. Juli.
"Mein Körper ist meine Software"
![Orlan vor der Operation](00060594-Dateien/1-orlan1.jpe) |
Orlan vor der
Operation |
"Ich habe meinen Körper der
Kunst geschenkt" und " Mein Körper ist meine Software" - mit Sätzen wie
diesen umschreibt die 1947 geborene französische Künstlerin ihren
radikalen Ansatz: Kunst bedeutet für sie Widerstand, sie muss vorgefasste
Meinungen umstoßen und mehr noch, Kunst ist ein gesellschaftliches
Projekt.
Begonnen hat Orlan ihre Karriere mit Performances, nach einer
Notoperation hat sie immer wieder die Chirurgie als künstlerisches Medium
eingesetzt. Bis zum heutigen Tag hat die Künstlerin neun
Performance-Operationen an ihrem eigenen Körper durchführen lassen, die
fotografisch und filmisch dokumentiert und teilweise auch via Satellit
übertragen wurden.
![Orlan während der Information](00060594-Dateien/1-Orlan3.jpe) |
Orlan während der
Information |
Interaktive Operations-Schau
Die siebte Operation, die im Mittelpunkt ihrer aktuellen Ausstellung im
Magazin 4 in Bregenz steht, basierte auf dem Gedanken der Omnipräsenz. Sie
wurde an rund 15 Orten, so etwa im Centre Pompidou in Paris und im Mac
Luhan Centre in Toronto ausgestrahlt. Interessierte konnten in mehreren
Ländern der Erde der Operation beiwohnen und Fragen stellen, auf die die
Künstlerin antwortete.
Aus einem an und für sich privaten chirurgischen Eingriff wurde ein
öffentliches Ereignis. Orlan übt mit ihren öffentlich gemachten
Operationen Kritik am Angeborenen und Vorprogrammierten, die
Schönheitschirurgie will sie aber keineswegs grundsätzlich verdammen.
Cyborgs statt eigenem Körper sezieren
Ihre Kunst ist ein konsequenter und unbequemer Versuch Schranken zu
beseitigen: "Ich habe mich stets mit dem Status des Körpers
auseinandergesetzt und Schönheitsideale hinterfragt, die die Gesellschaft
speziell den Frauen aufdrängt. Auch in meinen jüngsten Werken, die im
Stadtraum von Bregenz zu sehen sind, setze ich mich mit diesem Thema
auseinander."
Diesmal ist
die Umsetzung allerdings eine ganz andere. Orlan arbeitet mit mit
virtuellen Mitteln und nicht real am eigenen Körper: "Ich habe
traditionelle afrikanische Masken mit meinem Gesicht, das ganz nach meinem
Schönheitsideal gestaltet ist, kombiniert."
Weitere Operation geplant
Die Arbeit am Computer, mit dessen Hilfe die Künstlerin Zwitterwesen
schafft, die Merkmale unterschiedlicher Kulturen miteinander verbinden,
ist ein neuer Aspekt im Schaffen von Orlan. Dennoch plant sie, sobald
finanzielle und organisatorische Probleme aus dem Weg geräumt sind, die
Arbeit am eigenen Körper weiterzuführen: "Ich möchte noch eine weitere
Operation machen, aber keine Schönheitsoperation, sondern eine
Körperöffung und -schließung unter Zuhilfenahme aller heute möglicher
medizinischer Möglichkeiten."
Auch diese Operation soll filmisch und fotografisch dokumentiert
werden. Orlan dazu: "Mein Körper soll ein Ort der öffentlichen Diskussion
werden und ich werde während dieser Operation mit geöffneten Augen lachen,
weinen, lesen und reden."
Tipp: Die Ausstellung mit Fotografien und einem Video der 7.
Operations- Performance von Orlan ist bis zum 20. August im Vorarlberger
Kunstverein Magazin 4 in Bregenz zu sehen.
Links:
Orlan
Magazin 4