"Habe meinen Körper der Kunst geschenkt"

Orlan inszeniert Schönheitsoperationen am eigenen Körper als künstlerische Performances. Eine Foto-Ausstellung in Bregenz dokumentiert. Von Ingrid Adamer.


1993 hat die französische Künstlerin Orlan mit einer live übertragenen Schönheitsoperation an ihrem Gesicht weltweit für Aufsehen gesorgt. Mit den üblichen Interessen der Schönheitschirurgen identifiziert sich Orlan nicht, mit den radikalen am eigenen Körper vollzogenen Schnitten wehrt sie sich vielmehr gegen gesellschaftliche Zwänge und verwirklicht ihre Schönheitsideale am eigenen Körper.

So ließ sich die Künstlerin bei der Performance-Operation vor 7 Jahren links und rechts an der Stirn 2 Höcker implantieren. Fotografien und Videoaufnahmen, die während dieses Ereignisses entstanden sind, werden im Vorarlberger Kunstverein "Magazin 4" in Bregenz präsentiert. Eröffnet wurde die erste Einzelausstellung von Orlan in Österreich unter dem Motto "Omniprécence" am 15. Juli.

"Mein Körper ist meine Software"

Orlan vor der Operation
Orlan vor der Operation
"Ich habe meinen Körper der Kunst geschenkt" und " Mein Körper ist meine Software" - mit Sätzen wie diesen umschreibt die 1947 geborene französische Künstlerin ihren radikalen Ansatz: Kunst bedeutet für sie Widerstand, sie muss vorgefasste Meinungen umstoßen und mehr noch, Kunst ist ein gesellschaftliches Projekt.

Begonnen hat Orlan ihre Karriere mit Performances, nach einer Notoperation hat sie immer wieder die Chirurgie als künstlerisches Medium eingesetzt. Bis zum heutigen Tag hat die Künstlerin neun Performance-Operationen an ihrem eigenen Körper durchführen lassen, die fotografisch und filmisch dokumentiert und teilweise auch via Satellit übertragen wurden.

Orlan während der Information
Orlan während der Information

Interaktive Operations-Schau

Die siebte Operation, die im Mittelpunkt ihrer aktuellen Ausstellung im Magazin 4 in Bregenz steht, basierte auf dem Gedanken der Omnipräsenz. Sie wurde an rund 15 Orten, so etwa im Centre Pompidou in Paris und im Mac Luhan Centre in Toronto ausgestrahlt. Interessierte konnten in mehreren Ländern der Erde der Operation beiwohnen und Fragen stellen, auf die die Künstlerin antwortete.

Aus einem an und für sich privaten chirurgischen Eingriff wurde ein öffentliches Ereignis. Orlan übt mit ihren öffentlich gemachten Operationen Kritik am Angeborenen und Vorprogrammierten, die Schönheitschirurgie will sie aber keineswegs grundsätzlich verdammen.

Cyborgs statt eigenem Körper sezieren

Ihre Kunst ist ein konsequenter und unbequemer Versuch Schranken zu beseitigen: "Ich habe mich stets mit dem Status des Körpers auseinandergesetzt und Schönheitsideale hinterfragt, die die Gesellschaft speziell den Frauen aufdrängt. Auch in meinen jüngsten Werken, die im Stadtraum von Bregenz zu sehen sind, setze ich mich mit diesem Thema auseinander."

Diesmal ist die Umsetzung allerdings eine ganz andere. Orlan arbeitet mit mit virtuellen Mitteln und nicht real am eigenen Körper: "Ich habe traditionelle afrikanische Masken mit meinem Gesicht, das ganz nach meinem Schönheitsideal gestaltet ist, kombiniert."

Weitere Operation geplant

Die Arbeit am Computer, mit dessen Hilfe die Künstlerin Zwitterwesen schafft, die Merkmale unterschiedlicher Kulturen miteinander verbinden, ist ein neuer Aspekt im Schaffen von Orlan. Dennoch plant sie, sobald finanzielle und organisatorische Probleme aus dem Weg geräumt sind, die Arbeit am eigenen Körper weiterzuführen: "Ich möchte noch eine weitere Operation machen, aber keine Schönheitsoperation, sondern eine Körperöffung und -schließung unter Zuhilfenahme aller heute möglicher medizinischer Möglichkeiten."

Auch diese Operation soll filmisch und fotografisch dokumentiert werden. Orlan dazu: "Mein Körper soll ein Ort der öffentlichen Diskussion werden und ich werde während dieser Operation mit geöffneten Augen lachen, weinen, lesen und reden."

Tipp: Die Ausstellung mit Fotografien und einem Video der 7. Operations- Performance von Orlan ist bis zum 20. August im Vorarlberger Kunstverein Magazin 4 in Bregenz zu sehen.

Links:

Orlan
Magazin 4

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