Wie ich mich fit halte? Ich laufe Amok." Ein altes Hildegard-
Knef-Zitat als Lebensmotto ent staubt: Das ist Frau Jukl, eine
österreichische Comic-Heroine. Erkennungszeichen: trotzige
Jungmädchen-Rhetorik ("War is coming? Tell him, I'm going out.")
Frau Jukl ist derzeit mit weiteren Comic-Verwandten im
Wiener Museumsquartier ausgestellt. "Cheap, fast and out of control"
vereint österreichische Comic-Künstler und deren Werke, die nur von einer
kleinen Öffentlichkeit konsumiert werden. Denn die Hefte, sogenannte
Fanzines, werden hauptsächlich im Eigenverlag produziert, also auf dem
Kopierer vervielfältigt und im Alleingang oder über Netzwerke wie
"Murmel", "Mixer Comics" im Internet vertrieben.
Merchandising ist, auch wenn es dilettantisch anmutet,
wichtig. Mixer hängt Automaten auf, die an Kondomautomaten erinnern, aber
ein Büchlein von Nina Dietrich ausspucken. Das Diminutiv steht zu Recht:
Die Künstlerin hat ihren "Amöben"-Comic bereits bei Guinness als kleinsten
Comic der Welt angemeldet, erzählt Karin Pernegger, Kuratorin der
Ausstellung. Murmel wiederum hat eine Magnetwand basteln lassen. Darauf
haften: ein nackter Mann, ein Schwan, ein Wecker und Sprechblasen mit
Aussagen wie "Pfui, Weltuntergang" oder "Nein, die Revolution wird nicht
im Fernsehen übertragen." Ein Mitmach-Werk, Symbol für das System: Auch
die Künstler selbst sind nur Laien, die gerne die teure
Hochglanz-Comic-Kultur aufs Korn nehmen.
Persifliert wird auch mit Gimmicks: Wer hat je ein
Yps-Heft wegen der Geschichten gekauft? Der Dinosaurier-Baukasten mit
möglichst giftigen Chemikalien war das Objekt der Begierde. Ähnliches gibt
es auch von Murmel, nur ein bisschen skurriler. Ein Hirn-Set mit Hirn aus
der Tube zum Beispiel. Ein "Murmel-Supermarkt" wird demnächst auch in Graz
stehen: Beim Comic-Festival, das am Samstag im Forum Stadtpark startet und
bis 6. September dauert.
Edda Strobl von der Grazer Zeichnergruppe Tonto hat mit
anderen Comic-Künstlern dieses Festival organisiert - für einen Austausch
zwischen Zeichnern und Lesern. Früher nämlich "warst du als Zeichner eine
Insel", sagt sie. Mit seinen Workshops habe das Festival "Laborcharakter".
So kann man lernen, wie man ein Story-board (ein gezeichnetes
Filmdrehbuch) mit ein paar Strichen hinkriegt oder wie man Charaktere für
einen Animationsfilm entwickelt. Deutsche und osteuropäische Künstler
werden vorbeischauen, ein japanisches Manga-Special wird es geben. Und
damit man den Jugendkulturstempel auch verdient, findet am Sonntag der
erste österreichische Heavy Metal Frühschoppen statt.
Tonto, auch bei der Wiener Ausstellung vertreten,
verkörpert einen anderen Zweig der heimischen Comic-Szene als
beispielsweise Murmel. Für sie ist Comic nicht reine Spaßkultur, sondern
entsteht aus der jahrelangen Beschäftigung mit filmischem Sehen, bildender
Kunst, Literatur. Wie bei Jörg Vogeltanz, Leiter des Grazer Netzwerks
prequel: Im MQ demonstriert er mit einem Wandbild, worum es in seinen
Geschichten geht: Wie ein paranoider Ermittler hat er bruchstückhafte
Notizen, Bilder, Dokumente an die Wand geklebt. "Lesen sie seriöse
Tageszeitungen und glauben sie uneingeschränkt deren Inhalt? Anders
gefragt: Sind sie bereits Teil des Problems?" heißt es in einer Werbung zu
einem seiner Comics im Internet. Verfolgung, Verschwörung, Blut, offene
Leiber - ein dunkles Gegenstück zur pubertären Strichmädchenwut Frau
Jukls. Ganz ohne "Zappadoing". (Cheap, fast . . . 10-20
Uhr, Freiraum Quartier 21, bis 14. 9.)
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