Steve McQueen, Girls Tricky, 2001

Steve McQueen, Drumroll, 1998, Standbild
Videokunst
Gefühlsexperiment vor der Kamera - Steve MCQueen in Wien
Von Sabine B. Vogel
 
20. Mai 2001  Erst zwölf Kurzfilme und einige Fotografien hat der 1969 in London geborene Video-Künstler Steve McQueen veröffentlicht. Und trotzdem ist der Künstler einer der beeindruckendsten Stars der jungen britischen Kunst-Szene.  Auf der vergangenen Biennale von Venedig trat McQueen vor zwei Jahren bereits an der Lagune auf.

Warum ist er derart erfolgreich? Die Antwort ist so einfach wie unerwartet: die pure Kraft seiner Bilder.

Zwar geben McQueens Filme durchaus Stoff für filmtheoretische Betrachtungen, aber ihre wichtigste Qualität liegt in einer unerwarteten Intensität, die man nun in einer ersten Übersichtsausstellung in der Kunsthalle Wien eingehend genießen kann.

Großartiger Einblick in McQueens bisheriges Werk

Zunächst verzögerten technische Probleme eine umfassende Betrachtung. Nach der Pressekonferenz konnte die Ausstellung nicht eröffnet werden, weil einige Projektoren aus London nicht eingetroffen waren. Ohne die beiden Filme "Bears", McQueens früheste Arbeit von 1993, und die neueste Produktion "Girls Tricky" erschien das Werk poetisch und vor allem malerisch.

Nun ist die Schau perfekt und bei erneuter Betrachtung zeichnet sich ein weiteres Thema ab: McQueen setzt als Schwarzer Schwarze ins Bild. Damit greift er in subtiler Weise Klischees auf - oder greift er sie an?

Für "Bear" inszenierte er eine Szene im Studio, in der sich zwei Schwarze einmal aggressiv wie im Kampf, einmal tänzerisch bis erotisch aufeinander zu bewegen. Ein "Gefühlsexperiment vor der Kamera" nennt McQueen diese Situation, die aber noch andere Ansichten enthält: Die extremen Nahaufnahmen der Gesichter wirken beängstigend - ist das die heimliche Vorstellung vom bösen schwarzen Mann? Nackte Oberkörper spielen mit der Schönheit des Körpers, Rhythmen mit der Vorstellung harmonischer Bewegungen.

Musik in Bilder übersetzt

In seinem jüngsten Film "Girls Tricky", der in Wien zum ersten Mal überhaupt gezeigt wird, begleitet die Kamera den berühmten Londoner TripHop-Musiker Tricky bei der Aufnahme eines Tracks im Tonstudio. Sowohl die Performance als auch die Songtexte spielen mit Elementen schwarzer Musikkultur. Dieses Thema setzt McQueen nicht zentral ein, es läuft vielmehr wie selbstverständlich als Teil einer dichten, ekstatischen Szene mit ein. Das Ergebnis sind 15 Minuten intensive Konzentration auf die Musik, die McQueen faszinierend in Bilder übersetzt. Diese Arbeit bedurfte dreilinsiger Projektoren, die trotz Handkamera und Dunkelheit im Set eine beeindruckende Bilderkraft auf die Leinwand zaubern.

McQueen selbst kommentierte diesen Film lapidar: "Tricky machte sein Ding und ich war mit der Kamera hinterher" - und wir stehen als Zeugen und Besucher einer Ausstellung mitten drin!





 
 

Text: @blo
 
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