Galerien
Manche mögen Schweiß
(cai) Was sich am 12. Oktober
2001 mitten in Graz abgespielt hat (zwischen 17 und 17.20 Uhr), das war
genau wie in "Terminator". Na ja, jedenfalls hat ein Mensch mit einer
Maschine gekämpft. Polizist gegen Ampel. Ersterer hat fast bis zur
totalen Erschöpfung den Verkehr geregelt, obwohl die Ampel eh
funktioniert hat. Okay, er hat eine bulgarische Uniform angehabt. Ein
neuer Selbständiger, der die Kreuzung gemietet hat? Nein, ein Künstler.
Ah so, na dann. Gewonnen hat übrigens die Ampel. Als zwei echte
Polizisten den falschen zur Kapitulation überredet haben: "Hasta la
vista, Baby!" (Halt vermutlich auf Amtsdeutsch.)
Das Video, das Ivan Moudovs originell bedenkliche Straßenkunst
dokumentiert, läuft derzeit beim Hilger. Im Rahmen des "Curated
by"-Projekts, wo sich Künstler als Kuratoren versuchen. "Musikalität in
Sport und Beruf" nennt Walter Seidl seine Schau. Äh, falsch:
Physi kalität. Muss was mit Physik zu tun haben. Mit der
Newtonschen Mechanik vielleicht, der Bewegung von Materie. Muskeln
bestehen ja auch aus Materie. Und weil der Sport männlich ist, will
Nilbar Güreº ihn wohl verweiblichen. (Also: die Sport.) Ihr
brachialpeinlicher Film grenzt aber geradezu an Anti feminismus.
Auf einem Schwebebalken, der mit einem Deckerl und einem Kochtopf
garniert ist, macht eine Art Hausfrauenfreak Posen, die am ehesten
"rheumatischer Schwan" oder "Suppenhuhn" heißen. Renata Poljak setzt
sich da subtiler mit der Weiblichkeit beim Sporteln
auseinander. Sie zögert, von einem Sprungturm zu hüpfen (die empathische
Kamera ist genauso nervös), doch nicht aus Höhenangst, sondern weil das
Make-up nicht wasserfest ist. Beim Schminken malt man sich ja ein
idealisiertes Selbstporträt ins G’sicht. (Wieso ich nicht joggen tu?
Weil mir beim Zubinden der Turnschuhe ein Fingernagel abbrechen könnte.)
Galerie Ernst Hilger
Dorotheergasse 5, 1010 Wien
curated
by_Walter Seidl, bis 5. Juni
Di. – Fr.: 12 – 18 Uhr, Sa.: 11 – 15
Uhr
Sterben ist Gold
(cai)"The Last Days of Jack
Sheppard." Was? Stirbt der Dr. Sheppard (weil das ja womöglich der Titel
einer Folge von "Grey’s Anatomy" ist)? Nein. Außerdem schreibt man den
"Shepherd". Und sein Vorname ist Derek. Der Jack war ein Ein- und
Ausbrecher. Ein Märtyrer der Wirtschaftskrise von 1720. Über den haben
Anja Kirschner und David Panos einen sehr malerischen Film gedreht (zum
Teil stellen sie Stiche aus Büchern nach, die in der Galerie in Vitrinen
liegen). Eine g’scheite Mischung aus Kostümschinken, Commedia dell’arte
und BWL-Vorlesung. Jack erzählt seinem Ghostwriter Daniel Defoe in der
Todeszelle seine Geschichte. Seine Hinrichtung wird dann zur
Werbeveranstaltung für sein Buch. (Tja, nicht die Biologie ist
Schicksal, sondern die Ökonomie.) Die ganzen 60 Filmminuten schafft man
es nicht aufzustehen. Weil man mit imaginärem Pattex auf dem Sessel
pickt.
Krobath Wien
Eschenbachgasse 9, 1010 Wien
curated
by_ Ursula Mayer, bis 5. Juni
Di. – Fr.: 12 – 18 Uhr, Sa.: 11 – 15
Uhr
Aller guten Dinge
(cai) Tony Oursler steht
eindeutig auf die Zahl Drei. Oder es ist reiner Zufall, dass er als
künstlicher Kurator, nein: als kuratierender Künstler, drei
filmende Kollegen ausgesucht hat, wobei J. D. Walsh drei Geräuschquellen
(Schallplatte, Schlagzeug und Lautsprecher) mit optischen Reizen
verknüpft, von Martin Murphy gibt’s ein Video-Triptychon (tri wie drei),
und Erik Aalto erklärt uns mit drei geometrischen Formen die
Weltordnung. Da muss ich jetzt wohl oder übel drei Sterndln hergeben. Ob
ich will oder nicht.
Galerie Steinek
Eschenbachgasse 4, 1010 Wien
curated
by_ Tony Oursler, bis 5. Juni
Di. – Fr.: 12 – 18 Uhr, Sa.: 11 – 15
Uhr
Printausgabe vom Mittwoch, 19. Mai 2010
Online
seit: Dienstag, 18. Mai 2010 16:16:05
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