Galerien live
Me, myself and Caspar
(cai) Caspar, Melchior und Balthasar, die kennt ja jeder. Das sind die,
die uns nach Weihnachten was vorsingen. Aber wer, bitte, sind der
Caspar, der David und der Friedrich? (Kasperl, Pezi und Dagobert, der
Drache, sind jedenfalls berühmter.) Tja, die wohl bedeutendsten
Naturburschen aus dem Abendland. (Ach, ich hab’ gedacht, das wären der
Reinhold, der Hansi und der Ötzi, also Messner, Hinterseer und die
Mumie.) Genau genommen ist es eh bloß einer.
Nein, kein Me-myself-and-I-Typ, vielmehr "der" romantische
Landschaftsmaler des 19. Jahrhunderts, der halt drei Vornamen hat, und
der dritte ist sein Nachname. Seinem Œuvre nähert sich nun der Max
Moritz, äh: Max Peintner, mit einer Technik, die am ehesten
Regiemalerei heißt. Die ist mit dem Regietheater verwandt, wo etwa die
Jeanne d’Arc nicht auf dem Scheiterhaufen verbrennt, sondern im
Solarium. Einen Klassiker wie "Der Wanderer über dem Nebelmeer" (ein
Bergfex schmachtet ein Gebirgspanorama an) übersetzt Peintner beinhart
ins Heutzutagige. Da mäandert eine Autobahn umweltzerstörerisch durch
die Idylle und die Wolken sind sowieso keine Schäfchen, sondern
Kondensstreifen. Und wo ein altmodisches Segel schiff im Packeis kentern soll, geht stattdessen ein modernes Container schiff unter. (Eine Allegorie? Das Scheitern der Globalisierung?)
Gut, extrem originell ist das nicht. Auch das religiöse Pathos ist
nicht immer erträglich. Aber wenn Peintner kurzerhand das Wetter ändert
("Selbstbildnis als Caspar David Friedrich bei Durchzug einer
Böenfront") und dabei quasi selber vom Regen ausgepeitscht wird, so ist
das ziemlich komisch. Außerdem beweist er mit seinem expressiven und
doch sensiblen Strich, dass Ölkreide auf Papier nicht gleichbedeutend
ist mit: Ölbild auf billig. Es kann ein Ereignis sein.
Georg Kargl Fine Arts
(Schleifmühlgasse 5)
Max Peintner
Bis 7. November
Di. – Fr.: 11 – 19 Uhr
Sa.: 11 – 15 Uhr
Der Mann, der dackelt
(cai) Kennen Sie den? Junge Pupperln ziehen sich reihenweise für einen
seriös gekleideten Mann, der ihr Papa sein könnte, aus, und dieser
behält stur seinen Anzug an (lockert nicht einmal die Krawatte). Aha,
ein surrealer erotischer Witz. Und die Pointe? Der Mann natürlich. Der
setzt auch noch einen (sehr gekonnten) Dackelblick auf. Der H. H. Capor
(das ist der, der auf diesen markanten Schwarzweiß-Fotos, diesen
erweiterten Selbstporträts, so hinreißend "dackelt") ist offenbar
endlich erwachsen geworden. Und jetzt, mit Anfang 60, zur Selbstironie
fähig (zu dieser Form von Masochismus). Die Schöne und das Biest. Äh:
Die Schöne und der Dackel. Die skurrilen Bilder von den ungleichen
Paaren (eine Art Konfrontationstherapie, um den Verlust der eigenen
Jugend zu bewältigen) sind subtil inszeniert. Der "Dackel" unterhält
sich mit der Schönen in Gebärdensprache: scheue Berührungen, intime
Gesten, besitzergreifende Handgreiflichkeiten. Da hat der Capor die
genau richtige Mischung aus Sinnlichkeit und Komik hingekriegt.
Galerie Hartmann
(Gredlerstraße 2)
H. H. Capor / Aging
Bis 24. Oktober
Di. – Fr.: 14 – 18 Uhr
Sa.: 10 – 15 Uhr
Flach ist flach ist flach
(cai)Die Farben sind eh süffig. Geradezu sexy. An denen kann es nicht
liegen, dass ich so enttäuscht bin. Einiges zu bieten haben die Bilder
von Katharina Grosse auch: Linienraster, Kleckse, teigige Farbpaste und
ätherischen Sprühnebel. Na ja, vielleicht weil die flachen Leinwände
einfach nicht mithalten können mit Grosses opulenten begehbaren
Bildern, also mit der entfesselten Malerei, die ganze Räume
überschwemmt. Okay, es ist praktischer, wenn man nur die Bilder
abhängen muss, um die Farben aus der Galerie wieder rauszukriegen, und
nicht alles neu weißeln und den Parkettboden abschleifen.
Galerie nächst St. Stephan
(Grünangergasse 1/2)
Katharina Grosse
Bis 7. November
Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr
Sa.: 11 – 16 Uhr
Printausgabe vom Mittwoch, 21. Oktober 2009
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