Salzburger Nachrichten am 19. August 2005 - Bereich: kultur
Interview

Diskussion der Jury war lang und kompliziert

Hedwig Kainberger Der Galerist Thaddaeus Ropac war heuer neuerlich Mitglied der Jury des "Young Directors Project" der Salzburger Festspiele. Die SN fragten ihn zur diesjährigen Entscheidung.

Die Sitzung der Jury war heuer ungewöhnlich lang und hat etwa vier Stunden - also bis ein Uhr früh - gedauert. Warum? Ropac: Die Diskussion war heuer komplizierter als in den Jahren zuvor. Denn jedes Jurymitglied hat sich zunächst für ein anderes Stück stark gemacht. Nach etwa zwei Stunden waren wir an dem Punkt, dass wir die Statuten herausgesucht haben und gefragt haben: Wonach beurteilen wir?

Was waren die Kriterien? Ropac: Besonders wichtig war die Innovation, also die Frage: Wie innovativ und zukunftsweisend ist eine Regiearbeit. In den Vorjahren gab es dazu immer einen Favoriten, auf den wir uns relativ rasch einigen konnten. Heuer war das nicht so eindeutig.

Wonach wurde noch beurteilt? Ropac: Ein wenig ist es um die Auswahl des Stückes bzw. Stoffes gegangen, weil dies ja auch vom Regisseur beeinflusst wird. Dann ging es um die dramatische Umsetzung des Stückes. Weiters war wichtig, inwiefern eine Theaterarbeit nicht nur regional relevant ist, sondern in einer größeren Bühnenlandschaft umsetzbar und in einem zentraleuropäischen oder europäischen Kontext interessant wäre. Peter Simonischek hat sich besonders um einen weiteren Aspekt bemüht, nämlich inwiefern der Regisseur mit den Schauspielern gearbeitet hat und inwiefern er das, was er darstellen wollte, über die Schauspieler transportiert hat.

Wessen Arbeit mit Schauspielern hat am besten abgeschnitten? Ropac: Jene von Sebastijan Horvat mit "Alamut". Der Regisseur hat es geschafft, die Schauspieler bis an die Grenze der körperlichen Kraft zu führen.

Was hat noch für Sebastijan Horvat gesprochen? Ropac: Ein Punkt war, dass sein Stück eine bedrückende Aktualität hat. Es war überraschend, wie aktuell ein Buch ist, das 1936 geschrieben worden ist.

Wie beurteilen Sie als Experte für bildende Kunst Sprechtheater? Ropac: Für mich ist Innovation das entscheidende Kriterium. In der bildenden Kunst kommen wir ohne das nicht aus. In dieser Jurysitzung, vor allem in den Diskussionen mit Peter Simonischek, habe ich allerdings gelernt, dass man Theater auch auf andere Ansätze durchleuchten kann.