Der stille Rebell

Siegfried Anzinger zeigt jüngere Arbeiten in der Kunstsammlung Essl.


In den 80er Jahren gehörte Siegfried Anzinger neben seinen österreichischen Kollegen wie Hubert Schmalix, Alois Mosbacher, Josef Kern und den Einzelgängern Alfred Klinkan und Ernst Bohatsch zur Gruppe der "Neuen Malerei".

Der Kunsthistoriker Wilfried Skreiner nahm die internationale theoretische Verortung der Österreicher vor.

Internationale Bewegung

Madonna, blau, rot, blond, (2002) / ©Bild: Siegfried Anzinger
Madonna, blau, rot, blond, (2002) / ©Bild: Siegfried Anzinger
Eine Wiederentdeckung der Malerei nach Konzept- und Videokunst gab es auch in Deutschland mit Jörg Immendorff, Georg Baselitz oder Anselm Kiefer unter dem Titel: "Die Neuen Wilden".

In Italien war es die "Transavanguardia" mit Francesco Clemente, Sandro Chia und Enzo Cucci, die die tot geglaubte Malerei belebte.

Malerei-Diskussionen

Der Sinn der Malerei, ihre gesellschaftliche Relevanz wurde nicht erst seit den 80er Jahren in Frage gestellt. Marcel Duchamp erläuterte am Beginn des Jahrhunderts, dass Ideen ihn mehr interessierten als visuelle Produkte.

Hingegen schrieben zur gleichen Zeit Cezanne und Matisse ausgefeilte Traktate über malerische Probleme. In dieser Tradition ist Anzingers Malerei zu verstehen.

Die 80er Jahre

Bei Anzingers frühen Bildern aus den 80er Jahren überwiegen die großformatigen Figuren. Ein pastoser, breiter, grobschlachtiger Pinselstrich ist von schwarzen Straffuren oftmals eingefasst. Es überwiegen stark voneinander kontrastierende Farben.

Gegenwart

Die rote Säule (1988) / ©Bild: Siegfried Anzinger
Die rote Säule (1988) / ©Bild: Siegfried Anzinger
Bei den Bildern aus den letzten zwei Jahren, die nun in der Sammlung Essl zu sehen sind, ist oft das Zeichnerische vom Malerischen schwer zu trennen. Sie haben an Leichtigkeit gewonnen. Die dunkle Konturierung der Figuren im Raum ist verschwunden, die Beziehung zwischen Raum und Figur rückt ins Zentrum des Geschehens.

Die jüngst entstandene Malerei hat einen flüchtigen Strich, fast schemenhafte Figuren und verdünnte bis schmutzige Farben, die durch seine Leimöltechnik nur noch verstärkt werden. Sie sind von einer fließenden Zartheit in Oberfläche und Figur.

Ohne Titel (1997) / ©Bild: Fritz Schömer Ges.m.b.H.
Ohne Titel (1997) / ©Bild: Fritz Schömer Ges.m.b.H.

Arbeitstechnik

Anzinger, der seit 1997 an der Düsseldorfer Kunstakademie eine Meisterklasse leitet, ist ein obsessiver Maler, dessen Arbeitstag vor der Staffelei zehn Stunden dauern kann.

So arbeitet er 1984 über 10 Wochen am "Geschlitzten", einer Art Kopf, an dem ihm immer neue malerische Probleme reizten. Durch den Druck des daran arbeitenden Anzinger riss schließlich die Leinwand an der Kante zum Keilrahmen.

Fragen an den Raum

Das ständige Lernen und das Lösen von formalen Problemen charakterisiert Anzingers Arbeit. Raumprobleme entwirft er manchmal in skulpturalen Zeichnungen, die er dann in Terrakotten umsetzt.

So entstanden 1985 die Laokoon-Skulpturen, die Körper- und Hohlräume thematisierten. Ton-Terrakotten sind nun auch in der Sammlung Essl zu sehen.

Link: Sammlung Essl

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