OÖN: Sie schicken heute Nachmittag vier Lentos-Kunstwerke auf „Tapetenwechsel“: Angesichts konservatorischer Bedenken und des immensen Wertes der Bilder können das sicher nicht die Originale sein?
Kornfehl: Nein, das sind klarerweise gerahmte Reproduktionen. Wir haben beim Rahmen den Lentos-Restaurator gefragt, was etwa Lovis Corinths „Un Othello“ wert ist, und das allein sind um die 300.000 Euro!
OÖN: Die Originale werden also quasi von Stuntmen und Stuntgirls bei ihren Ausflügen zum Friseur oder in den Tiergarten vertreten?
Kornfehl: Genau. Aber wir waren gerade selber ganz erstaunt, wie täuschend echt diese Repros geworden sind. Da wird mancher rätseln.
OÖN: Wie kam es eigentlich zu diesem Ausflug?
Kornfehl: Wir haben schon früher mit dem Lentos gearbeitet und sind von Direktorin Rollig eingeladen worden, uns im Rahmen des Linz09-Projekts „Das neugierige Museum“ etwas zu diesem Thema zu überlegen. Daraus entstand unsere Aktion „Tapetenwechsel“, denn wir hatten die Idee, dass ja auch Bilder neugierig darauf sein könnten, was außerhalb ihres Museums passiert. Die Bilder wollen raus und eine andere Umgebung genießen.
In Folge haben wir die Werke selbst personalisiert und uns eben Gemälde ausgesucht, die Personen zeigen, die uns persönlich etwas erzählen. Man kennt das ja: Jeder Betrachter hat seine eigene Geschichte zu einem Bild. Unser Ausgangspunkt war also unser persönlicher Zugang.
OÖN: Das klingt ja sehr phantasievoll-spielerisch. Was ist die Botschaft dahinter?
Kornfehl: Wir haben uns die dargestellten Personen angeschaut und daraus eigene Geschichten entwickelt. Daraus ergaben sich für jede Person individuelle Sehnsüchte, die endlich einmal gestillt werden sollen und – wo so ein Bild gerne hinwandern würde.
OÖN: Wonach hat dann etwa Axl Leskoscheks „Invalide“ Sehnsucht?
Kornfehl: Nach Berührung. Aufgrund unserer Überlegung, wo jemand mit einem körperlichen Handicap noch Berührung erfahren kann, sind wir auf den Friseur Franz in der Herrenstraße gekommen. Und Corinths „Othello“ sucht – als Dunkelhäutiger in unserer Gesellschaft – einfach Anerkennung. Er möchte in das Rathaus für eine Audienz beim Bürgermeister.
Und weil die für ihre Jugend viel zu erwachsen wirkende „Ila“ von Albin Egger-Lienz Sehnsucht nach einer unbelasteten Kindheit hat, schicken wir sie in den Tierpark auf der Windflach. Und die auf Johanna Freises „Mittagsschlaf“ zu sehende, von uns als resigniert, enttäuscht empfundene Frau darf sich im Landschaftspark Bindermichl erholen, sich dort eine Auszeit nehmen.
OÖN: Heute geht es also los.
Kornfehl: Und man kann dabei sein, wenn die Bilder ihre Ausflugsorte aufsuchen. Um 14 Uhr beim Alten Rathaus, dann beim Friseur in der Herrenstraße 8. Ab 15.15 Uhr fährt von dort ein Shuttlebus (Rückkehr 18.30 Uhr) weiter. Am 30. April kommen die Bilder zurück in das Lentos, wo sie bei einem Rückkehrfest von ihren Erlebnissen berichten werden.
OÖN: Und welche Sehnsucht haben die „Freundinnen der Kunst“ als Gruppe?
Kornfehl: Das ist schwer, da Sehnsüchte doch zumeist etwas Individuelles sind. Vielleicht könnte man es so sagen: Durch unsere Kunstprojekte, die Alltägliches in einen ungewöhnlichen Kontext stellen, anderen einen neuen Blickwinkel zu ermöglichen.
OÖN: Und wie erfüllen Sie sich diese Sehnsucht?
Kornfehl: Durch die konsequente und kontinuierliche Arbeit an unseren Projekten.
Info: www.linz09.at; www.freundinnenderkunst.at