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Kunstberichte
Der Künstler Oswald Oberhuber feiert ein rundes Jubiläum

Veränderung statt Stil

"Immer noch 
da": Oberhuber vor seinen eigenen Werken. Foto: apa/Gindl

"Immer noch da": Oberhuber vor seinen eigenen Werken. Foto: apa/Gindl

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Aufzählung Innovator in der Kunst und an der Universität.
Aufzählung Zum 80. Geburtstag des Multitalents.

Wien. Als Rektor war er einfach nur Ossi. Bei offenen Türen lieh er allen sein Ohr; und die von seinem Vorgänger wegen Eselsohren zurückgeworfenen Zeugnisformulare unterzeichnete er kommentarlos.

In der Hochschulpolitik hat Oswald Oberhuber von 1979 bis 1985 und 1991 bis 1995 fast alles umgekrempelt, auf internationale Namen wie Joseph Beuys und Peter Weibel gesetzt, das heute renommierte Archiv aufgebaut und an die internationale Tradition der Kunstgewerbeschule (1900-1938) als Ausstellungsmacher erinnert. Vor allem war er aber unermüdlicher Förderer seiner Schüler, darunter Eva Schlegel und Franz Graf.

Drang zum Verlernen

Neben seiner Bedeutung für die Wiener Szene in Theorie und Praxis war seine Abwendung von Stilzwängen wichtig im einst unflexiblen Österreich. Das macht ihn zu einem Künstlertypus, der bis heute aktuell ist. Wandel in der Kulturpolitik war ihm wichtiger als Marktwert, was sich – laut seinem Galeristen – bis heute in zu geringen Preisen für sein Werke niederschlägt. In seinem Mix aus Ab straktem und Figur war Oberhuber ab 1956 Vorreiter der Postmoderne, aber auch der Konzeptkunst: Bereits neben seinen informellen Mal-Akten propagierte er die "permanente Veränderung in der Kunst" und schritt über die Grenzen zum Design. Der erweiterte Kunstbegriff umfasst Möbel, Arbeiten im öffentlichen Raum, geschriebene Bilder; Letztere sind voller Anregungen aus dem Surrealismus, gepaart mit ironischem Blick, aber auch einer Liebe zur Kinderzeichnung. Der Drang zum "Verlernen" führte Oberhuber in die niederen Gefilde des Alltags: Da wird auch ein Geschirrtuch zur konstruktivistischen Vorgabe.

1965 geriet der in Meran geborene Absolvent des Fachs Bildhauerei nach seinem Studium bei Fritz Wotruba und einigen Monaten bei Willi Baumeister in das avantgardistische Umfeld des aufgeschlossenen Leiters der Galerie nächst St. Stephan, Monsignore Otto Mauer. Oberhuber wurde neben Erika Patka dessen Berater und übernahm nach Mauers Tod bis 1978 die Galerie neben einer Professur an der Angewandten, die er später leiten sollte.

Jan Hoet schreibt über den zweifachen Documenta-Beiträger, dass er die Angewandte neben Düsseldorf zur renommiertesten Kunstschule Europas machte. An dieser Leistung ändert auch die Verurteilung wegen widmungswidriger Verwendung von Stipendiengeldern im Jahr 2000 nichts. Den locker Agierenden schmerzte sie freilich ebenso wie die Niederlage, Beuys nicht als Professor gewonnen zu haben, der Streit um dessen "Wiener Block" – und eine gescheiterte Bewerbung um die Leitung des Moderne-Museums.

Der selbst als Zeitungsredakteur, Bühnenbildner und Publizist über österreichische Kunst bekannte Allrounder hätte wohl auch dieses Haus in der ihm eigenen Art aufgemöbelt. Nach einer schweren Herzoperation und bleibender Erkrankung kommentiert der Künstler seine trotzdem unermüdliche Präsenz in der Ausstellungsszene von Salzburg aus derzeit locker: "Ich bin immer noch da." Das gilt hoffentlich noch für viele Jahre.

 

Printausgabe vom Donnerstag, 03. Februar 2011
Online seit: Mittwoch, 02. Februar 2011 16:52:00

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