09. September 2009 - 00:04 Uhr · · Kultur

Man stirbt nicht, man gibt sich nur auf

Man stirbt nicht, man gibt sich nur auf

Hoffentlich nicht!“, sagte im Februar bei der Eröffnung ihrer Jubiläumsausstellung im Wiener Museum Moderner Kunst Österreichs Kunst-Doyenne Maria Lassnig. Die OÖN hatten sie gefragt, ob es dann zum Neunziger weitere Ehrungen geben werde: „Darauf kann ich verzichten. Ich habe nie Geburtstage gefeiert. Ich hab’ mich schon mit 19 alt gefühlt.“ Kein Wunder, dass sich die am 8. September 1919 im kärntnerischen Kappel geborene Künstlerin noch immer über den Ausstellungstitel „Das neunte Jahrzehnt“ ärgert: „Was denen da nur eingefallen ist. Ich möchte nicht, dass das Alter dermaßen betont wird. Da fühle ich mich so alt, dass ich am liebsten auf allen Vieren kriechen würde.“

Und dieses Gefühl will sie erst gar nicht an sich heranlassen. Dafür ist ihr das Malen und Zeichnen von Kindesbeinen an ein Ventil gewesen. Auch um Angst, Frust oder Aggression abzubauen. Wie sang sie doch in ihrem Selbstdarstellungs-Kurzfilm anno 1992: „Das Leben ist ja wirklich nicht zu Ende / ich fahre Ski, Motorrad auf und ab / und jeder Tag bringt eine neue Wende. / Es ist die Kunst, die bringt mich nicht ins Grab.“

Die Kunst als Überlebensmittel quasi. Als tägliche Kraft-Infusion.

1941 studierte Lassnig bei Dachauer an der Wiener „Bildenden“. Bald wurde sie als „entartet“ eingestuft, aus der Klasse geworfen und von einer Mitstudentin beim NS-Studentengericht verklagt. Eine „Scheißangst“ habe sie gehabt, sei aber glimpflich davongekommen.

1948 hatte Lassnig in Klagenfurt ihre erste Einzelausstellung mit „Körperbewusstseinszeichnungen“. Sie gehörte zum Kreis um Monsignore Otto Mauer („Galerie nächst St. Stephan“). Auch Friedrich Achleitner, H.C. Artmann, Gerhard Rühm und Oswald Wiener zähl(t)en zu ihren Freunden. Es folgte eine Zeit in Paris (1961/1968), dann übersiedelte sie nach New York, wo sie sich auch mit Zeichentrickfilm beschäftigte.

1980 kehrte sie nach Wien zurück, übernahm eine Professur an der Hochschule für angewandte Kunst. 1980 vertrat sie Österreich bei der Biennale, 1982 und 1997 bei der documenta Kassel. Als erste bildende Künstlerin erhielt Lassnig 1988 den Großen Österreichischen Staatspreis, weitere Auszeichnungen folgten.

Künstlerisch ist sie in ihrem Wiener Atelier mit Blick auf die Gloriette ungebrochen produktiv. „Man stirbt nicht. Man gibt sich nur auf“, sagt Lassnig. Sie hat sich – Rückenschmerzen und Geburtstagsbelästigungen gleichermaßen ignorierend – noch lange nicht aufgegeben.

Quelle: OÖNachrichten Zeitung
Artikel: http://www.nachrichten.at/nachrichten/kultur/art16,256263
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