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Quer durch Galerien

Weil man Töchter ganz dick anzieht

Von Claudia Aigner
Die Vogerln tun es, die Bienchen tun es und die Kaninchen sowieso. Und die Ameisen ganz besonders. (Von denen gibt es ja so viele auf engstem Raum, was sollten die anderes tun als - das?) Und die Sardinen machen's sogar noch in der Konservenbüchse: Sie leisten sich Gesellschaft. Mathematisch ausgedrückt: Sie bilden eine Summe.

Das österreichische Webverzeichnis! Bei uns, der Menschheit, ist das nicht anders. Auch wir addieren. Weil nicht genug Platz auf der Welt ist für sechs Milliarden Autisten. Und wenn sich ein Männchen und ein Weibchen zusammenzählen, ist eins plus eins entweder eins (so steht's jedenfalls in der Bibel - "Und sie werden sein ein Fleisch") oder das Ergebnis ist noch weniger jugendfrei oder taferlklasslergeeignet, nämlich 69. Wobei die zwischenmenschliche Stellung 69 natürlich nicht deshalb so heißt, weil die Frau höchstens 18 und der Bub mindestens 51 ist, freilich . . . nein, ich geh das Thema lieber doch anders an.
Freud schenkte uns, quasi als Massensendung mit dem Vermerk "An einen Haushalt", den Ödipuskomplex (den die meisten Über-Ichs höflich, aber bestimmt an den Absender zurücksenden, schon wegen der Moral). Den "Lot-Komplex" hat er aber übersehen: den unbewussten Wunsch des verheirateten Knaben, zuerst die eigene Frau (beziehungsweise die letzte Frau des eigenen Geburtsjahrgangs) loszuwerden (durch Selbstausschaltung der Gattin zum Beispiel, weil sie plötzlich, mitten in der Ehe, zur Salzsäule erstarrt), um dann von der nächsten Generation vorsätzlich verführt zu werden, während er selbst, eventuell von Alkohol entrückt, vollkommen schuldlos ist, weil seine komplette Schuld- oder Zurechnungsfähigkeit grölend im Wein schwimmt. Die klassische Samenraub-Geschichte.
Ach, ich sag's rundheraus: Die Fotoausstellung bei der Chobot (Domgasse 6, bis 27. November) heißt "Meine Töchter". Und klarerweise hab' ich gedacht, mir da zumindest ein bissl "Lot-Komplex" erwarten zu dürfen, wo sie doch immerhin zu viert sind (zwei Künstler im besten Vateralter, zwei Künstlerinnen, die ihr Nachwuchs sein könnten).
Galerie Chobot: So tröstet ihn doch und trocknet ihn ab!
Der H. H. Capor ist vielleicht schon ein kleiner Lot. Seine Selbstporträts als plötzlicher Vater, ich meine die züchtigen Bilder aus der Serie "Meine Töchter", wo er sich ganz familiär zu "Töchtern" hinzugesellt, die von seiner Idealvorstellung, wie seine Tochter sein sollte, gecastet worden sind, könnten tatsächlich eine Trotzreaktion sein. Auf seine Selbsterkenntnis, dass die Damen, die er ja am liebsten knackig nackig fotografiert, mittlerweile seinem eigenen Wirken auf Erden (seiner Fortpflanzungstätigkeit) entstammen könnten. "Gut, dann sind sie halt ab sofort meine Töchter, dann zieh' ich sie halt an. Bis zum Kinn rauf, wenn's sein muss", scheint er, während er aufs Vogerl wartet, zu denken. Sein schicksalsergebener, aber nichtsdestotrotz leidender Blick verrät ihn. (Die "Ich bin ein begossener Pudel, also tröstet und trocknet mich und knuddelt mich mit einem flauschigen Handtuch"-Miene.)
Besonders leicht macht es sich Manfred Chobot: Eine Frau entzieht sich seinem zudringlichen Kameraobjektiv durch eine zensurierende Armbewegung. Na ja. Ist halt so (so verschwommen und unbefriedigend). Dorota Sadovská rückt daneben der vorderen Knautschzone der Frau zu Leibe, die bei einem Frontalzusammenstoß die kinetische Energie des ungebremst Knautschenden aufnimmt und sich dabei verformt, diese Pufferzone zwischen der Frau und der Welt. Sadovská krallt sich nun brutal hinein in die beiden "Brutpflegeorgane", die dazu da sind, dass sich die kleinen Säuglinge voll tanken und die großen Säuglinge nicht daran satt sehen können. Eindeutig ein Remake von Friederike Pezolds konzeptuell feministischen Brustbildern aus den Siebzigern, wo diese ebenfalls durchprobiert, wie weit sie die flexible weibliche Anatomie verschieben und quetschen kann. Die Coverversion eines Klassikers (jetzt noch authentischer, jetzt in Farbe).
Petra Rainer schließlich, die behutsam in kopftuchumrahmte Gesichter vom Wiener Brunnenmarkt schaut, macht Fotos, die auch handwerklich gut sind. Insgesamt bleibt der Eindruck einer Verlegenheitsausstellung, um im Monat der Fotografie nicht draußen zu stehen, abseits jeder Fototapete.
Galerie Hrobsky: Wem geht schon die Frau X ab?
Der Nikolaus Korab, den viele von seinen Porträts her kennen dürften, hat schon Recht: Es ist immer komisch, einen Namen zu nennen. ("Der sagt sich dann: Hä?"). So ist es nur konsequent, wenn er vor einem seiner Fotos steht, wo es nicht nur aussieht wie in einem englischen Garten, nein, sogar wie in einem Garten à la Jackson Pollock (wo keiner Rasen mäht, sondern tüchtig Unkraut aus Kübeln streut), und dabei den Kommentar spricht: "Es ist der Versuch, ein Bild zu machen ohne die X. Ich schau mir das Bild schon drei Jahre an und denk' mir: Irgendwie geht mir die X da nicht ab."
X ist eine Variable und je nach Gusto durch eine reale Größe aus Literatur oder Kunst austauschbar. Und selbstverständlich ist dem Korab ursprünglich die Frau Soundso herausgerutscht statt dem X. (Und wenn man mich foltert, mir belgische Schokolademeeresfrüchte vorhält: Ich werde den Namen nicht preisgeben!) Korab erntet also neuerdings fast die komplette abstrakte Kunst aus der Landschaft, sticht sie mit dem Sucher seiner Kamera aus wie Kekse aus dem vorweihnachtlichen Teig. Eine Glyzinie kritzelt schlingpflanzlich herum (geradezu tachistisch), und auf dem Boden hat er ein monochromes Bild voller Farbrisse gefunden (durstigen Lehm aus Texas). Was er wollte, ist ihm gelungen (die Wirklichkeit formal perfekt und materialsinnlich in den Bildrahmen einzujustieren, garantiert ohne die X). Und auch mir fällt nichts Negatives dazu ein. Bis 27. November bei Hrobsky (Grünangergasse 6).

Galerie Sur: Auch Menschen kann man kürzen

Wozu die eingestreuten Hirne in der Geometrie, die doch ansonsten immer so unmenschlich ist? "Ja, das ist eine gute Frage." Claudia Rottenbacher (bis 2. Dezember in der Sur, Seilerstätte 7) malt ihre Muster, die städte- und teppichplanerische Assoziationen freisetzen, nicht mit der Sturheit des Lineals. Ihre Stärke ist zweifellos die Farbe. Sie auf der Fläche zu organisieren. Und die Hirne? Vielleicht stark gekürzte Menschen. Wie ein Herd die Abkürzung für die Küche ist.

Erschienen am: 19.11.2004

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