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Quer durch Galerien

Also ward die Welt ein Donut

Von Claudia Aigner

300 Jahre Wiener Zeitung!Lenin wird sich in seinem klimatisierten Grab bereits umgedreht haben. Und wenn er dort auch nur deshalb mit den balsamierten Gesichtszügen nach unten läge, damit die Schergen des Kapitalismus ihm nicht auch noch ein knallgelbes Permanent-Make-up aufsprayen - wegen der Ähnlichkeit mit Homer Simpson. (Porträttreue nennt man das, glaub' ich.) Weil er ja jetzt auf den Bildern, die ihn glorifizieren, von Homer Simpson gedoubelt wird (sprich: Huuma, nicht Homeer, was ja wenigstens ein bissl heroisch wäre). Dieser H. S. ist bekanntlich jener Antiheld der Arbeit, der während der Arbeitszeit ein "Held der Donuts" (und des Schnarchens) ist, für den die Welt also eine essbare Scheibe mit einem - immerhin extrem kalorienreduzierten - Loch in der Mitte ist.
Eine hundsgemeine Form von Bildersturm: Alexander Savko (bis 7. März in der Galerie Karenina, Opernring 21) tauscht in Klassikern der russischen und sonstigen Kunstgeschichte die alten Idole durch "Die neuen Helden" aus, nämlich diesmal durch die Simpsons, die Paradeamerikaner aus der begnadet gescheiten Zeichentrickserie. Frei nach Isaak Brodskis Bild "Lenin im Smolny-Institut" (1930) macht sich sozusagen Homer Iljitsch Uljanow auf gelassen intellektuelle Weise klassenkämpferische Notizen, während (und das ist ein bitterbös pikantes, frei erfundenes Detail) Ned Flanders, der naiv gutmütige, unrettbar nächstenliebe Nachbar, als fleißig schwitzende Ameise reinhackelt (womöglich ein Kolchosenbauer).

Auch wenn ich geneigt bin, es postmoderne Pop-Art zu nennen, so ist das Bild auf seine Art, getreu dem Sozialistischen Realismus, tatsächlich "die wahrhaftige Darstellung der Realität in ihrer

revolutionären Entwicklung". In Russland hat halt irgendwie die Amtsübergabe an die Repräsentanten des Kapitalismus stattgefunden: an die Simpsons. Wahrscheinlich gurgelt man ja schon im tiefsten Sibirien mit Coca-Cola, der globalen Limonade, die die Macht über die Harnblasen der Welt ergriffen hat. Und ist es Vandalismus oder schlicht perverse Grausamkeit, wenn statt der Venus mit dem schönen Rücken, also Hintern, eine grellgelbe, unideale Person mit blauer "Pappelfrisur" daliegt, kurz: Marge Simpson? Das ist jetzt bereits der zweite Anschlag auf dieses Werk von Velazquez, nachdem 1914 die "Schlitzer-Mary", eine Suffragette, mit dem Hackmesser einen Fontana (lange vor Fontana) daraus gemacht hat, quasi den "Ur-Fontana". Savkos "Blasphemien" sind schmerzhaft trivial und witzig banal. Vielleicht sogar mahnend prophetisch. (Der Fluch der Globalisierung des schlechten Geschmacks.)
Kartonstreifen, streng nebeneinander geklebt, blass aquarelliert, immer wieder geradezu musikalisch rhythmisch durchgeschnitten und dann mit Wachs versiegelt: Vielleicht enthalten sie eine Botschaft, eventuell an Musiker. Und womöglich könnte man das ätherisch dunstige Opus "An einem Nebeltag" wirklich spielen, mit einem Nebelhorn etwa in irgendeinen Dunst hineinstoßen. Dezent sinnliche, exquisite Bilder voll rhythmisierter Stille. (Ach ja: Sie sind von Fritz Ruprechter, bis
6. März im Atrium ed Arte, Lerchenfelder Straße 31.)

Erschienen am: 27.02.2004

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