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©Nöbauer
von
Irene Judmayer
Das beherzte erotische Feuer der Donauschule
Milliarden geschäftiger Ameisen "wurln" über ein Blatt Papier. Ballen sich zu Gebäuden, zu Landschaften. Milliarden geschäftiger Ameisen? Glaubt man zumindest. Allerdings nur beim ersten Blick aus einiger Entfernung. Beim Näherkommen wird schnell klar: Es ist ein flirrender Mikrokosmos wie besessen hingeworfener Zeichen. Als hätte der Linzer Künstler Helmut Kepplinger eine durchwachte Nacht lang Strich-Kürzel neben Strich-Kürzel gesetzt, seltsame magische Worte zur spannenden Zeichnung aneinandergefügt.

Diese Zeichnung ist Teil einer ausgesprochen gehaltvollen Ausstellung, die im Linzer Hofkabinett in der Hofgasse zu sehen ist: "Ver-Antworten" heißt sie, und zu sehen sind Arbeiten aus der großartigen Sammlung der "Donauschule Linz" rund um die Künstler Josef Fischnaller, Erich Ruprecht, Engelbert Kliemstein, Auguste Kronheim, Fritz Aigner, Hans Keplinger. Zu diesem Ur-Kern, der in den 60er- Jahren durch starke Kunst-Impulse kulturelle Bewegung in Linz forderte und auch bewirkte, stießen später eben Kepplinger, der Theatermaler Maurus Paulczynski, Norbert Drienko sowie die Aigner-Schüler Mario Michaelis und Robert Oppeneiger.

Von ihnen allen sind hier sehenswerte Beispiele präsent. Die immer wieder so unfassbar Schlichtheit mit Ausdruck verbindenden Holzarbeiten Fischnallers. Das beherzte erotische Feuer in den Bildern Ruprechts. Die energetischen Werke Michaelis' und die altmeisterlich inspirierten, farblich interessanten Beziehungsgeflechte von Oppeneiger. "Die ideale Geliebte" als pointiertes Runzelweiberl von Auguste Kronheim.

Der Titel der Ausstellung bezieht sich auch - so Organisator Paul Fischnaller - auf den Verfall des Salzamtes unterhalb des Gleißner-Hauses in Linz, das die Donauschule gerne als Kunsthaus in Besitz nehmen würde: " Wenn Linz 2009 Kulturhauptstadt werden will, sollte man sich überlegen, ob man dieses historische Gebäude als Schmuckstück oder Ruine verantworten will."

Ja, was gibt es da eigentlich noch zu überlegen?

Hofkabinett (Linz): bis 21. 12., Di-Fr. 16-19 Uhr.



OÖNachrichten vom 10.12.2002
 
   







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