Egon Schieles Spruch, der Künstler müsse "mit dem Herzen arbeiten", haben sich zehn Kuratoren des Belvedere als Versprechen an die Wand geschrieben. Die Neuaufstellung der Sammlungen, die 2007 mit dem Mittelalter begann, ist bis auf kleinere Adaptionen abgeschlossen. Nicht nur die Klimatisierung und Interventionen der Gegenwartskünstler sind neu, der Parcours erschließt sich mit aktuellen Gegenblicken,dieösterreichischen Künstler sind mit den Kollegen aus Deutschland und Frankreich gemischt, wie einst die Secessionisten es als Impulsgeber der Neuen Galerie andachten.
Messerschmidts Köpfe
Franz West und Franz Xaver Messerschmidt begegnen sich harmonisch in der
restaurierten Sala Terrena; besonderer Akzent durch Skulpturen bekommt
auch der Aufgang mit Anton Hanaks "Brennendem Menschen", der über den
Stufen zu schweben scheint. Das Nordost-Oktogon bietet eine stimmige
Aufstellung der Charakterköpfe Messerschmidts in einem für der
Betrachtung entgegenkommenden Kreis; das Porträt des Hausherren Prinz
Eugen ist von dort in die großzügigen Barock-Aufstellungsräume des
östlichen Piano Nobile gewandert und verbindet sich mit anderen
Prominenten bis zu Jacques Louis Davids zu Pferde die Alpen bezwingenden
"Napoleon" des Klassizismus. Die Kritik anderletztenBarock-Aufstellung
sollte nun verhallen.
Ebenso prominent das Gegenüber im Westflügel mit den Besuchermagneten Ringstraße, Secession - samt Max Klingers Gesamtkunstwerk "Das Urteil des Paris", Auguste Rodin oder Arnold Böcklin - und vor allem zwei Klimt-Sälen und einem für Egon Schiele. Die Architekten Kühn-Malvezzi bauten einen bühnenhaften roten Klimaparavent für Klimts goldenen "Kuss", gegenüber tritt uns Adele Bloch-Bauer immer noch als "Judith" entgegen. Viele Direktoren des Belvedere von Maria Theresias Präsentation bis zu Herbert Boeckls Bildnis von Bruno Grimschitz binden bis vor 1938 die hauseigene Sammlungsgeschichtegeschickt mit ein.
Schieles Spätwerk startet im Ostflügel des Erdgeschoßes mit Oskar Kokoschka und James Ensor eine neue Sicht auf den Expressionismus, die Abstraktion - vor allem Kinetismus - und Neue Sachlichkeit, aber auch "entartete" Künstler des Exils wie Oskar Kokoschka, Wolfgang Paalen, Max Beckmann oder Wilhelm Thöny folgen hier. In Harald Krejcis geschickter Kontrapunktik ging auch das monumentale Exilbild "Gustav Mahler dirigiert die Wiener Philharmoniker" von Max Oppenheimer, neben ausgefallenen Selbstbildnissen von Albert Birkle, Marie-Louise von Montesiczky oder Rudolf Hauser, nicht noch einmal verloren.
Auflösung von Grenzen
Im zweiten Stock ist vom Klassizismus über Biedermeier und Romantik auch
der Beginn der Moderne mit den Impressionisten breiter als früher zu
sehen. Theodor von Hörmann und Anton Romako verbinden sich mit der
Schule von Barbizon, der Realismus eines Gustave Courbet mit Georg
Ferdinand Waldmüller, und die Nazarener kommen Caspar David Friedrich
nahe. Eine Auflösung zeitlicher Zäsuren und Ländergrenzen erleichtert
neue Beziehungen. Den Brückenschlag zur Gegenwart wird ab November das
"21er Haus" genannte, ehemalige Museum des 20. Jahrhunderts neben
vorübergehenden Interventionen weiterführen; dann hätte Agnes
Husslein-Arco mit ihrem Team eine komplette Änderung im Belvedere in
einem atemberaubenden Dauerlauf bewältigt; Stillstand ist kaum zu
erwarten - eher ein neuer Zahlenkreis um 544 andere Meisterwerke des
Hauses.
Ausstellung
544 Meisterwerke neu entdecken
Dauerausstellung im Oberen Belvedere