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Kunstberichte
Mumok zeigt mit Maks Cieslak den Henkel Art Award Gewinner 2010

Verführerische Früchte

Attacke auf den Kunstbetrieb: "Cloud Nine" von Maks Cieœlak. Foto: Cie œlak

Attacke auf den Kunstbetrieb: "Cloud Nine" von Maks Cieœlak. Foto: Cie œlak

Von Manisha Jothady

Aufzählung Bis vor kurzem wusste die Kunstwelt kaum etwas von Maks Cieslak aus Polen. Das könnte sich nun mit seiner ersten Solopräsentation in der Mumok Factory ändern. Die Schau steht in Zusammenhang mit dem 7000 Euro dotierten Henkel Art.Award, den Henkel CEE seit 2002 an Kunstschaffende aus den Ländern Zentral- und Osteuropas verleiht. 2010 ging Cieslak, Jahrgang 1983, unter den insgesamt 1060 Einreichungen als Gewinner hervor.

Die Jury bestand aus Mumok-Direktorin Karola Kraus, Maria Vassileva (Chefkuratorin an der City Art Gallery Sofia), Juraj Carny (Kurator und Galerist in Bratislava), Dorota Monkiewicz (stellvertretende Direktorin des Museums für zeitgenössische Kunst in Breslau) und Basak Senova Muratoglu (freie Kuratorin aus der Türkei). Cieslaks filmische Arbeiten überzeugten die Experten unter anderem aufgrund ihrer narrativen Dichte und des völlig undogmatischen Umgangs mit dem Medium Film. Qualitäten, die sich nun auch dem Ausstellungsbesucher eröffnen.

Auseinandersetzung mit dem Kunstbetrieb

"Art is a Forbidden Fruit Marmalade" verkündet der Künstler im Ausstellungstitel, den man gar nicht anders lesen kann als eine ironische Anspielung auf die verbotenen Früchte aus der Bibel. Entsprechend assoziationsreich sind auch die vier ausgestellten Arbeiten selbst, die sich mitunter humorvoll bis spitzzüngig mit dem Kunstbetrieb auseinandersetzen. Als grandios erweist sich in diesem Zusammenhang der Film "The Story of Doctor Faustus the Tiny" (2009), für den Cieslak auf die Ästhetik des expressionistischen Stummfilms zurückgreift. Die Figur Doktor Faustus, die vom Mittelalter bis zur jüngeren Vergangenheit vor allem literarisch für Stoff sorgte, dient ihm aber nur dazu, den Mythos Künstler zu entzaubern. Seine Faust-Version handelt von einem jungen Mann, der dem Teufel seine Seele verkauft, um in den Augen der Angebeteten wie ein Künstler und Intellektueller zu wirken. Als wäre die Geschichte für sich nicht schon komisch genug, unterfüttert Cieslak sie zudem mit allerlei Versatzstücken aus der Jugend- und Populärkultur.

Wie in dieser Arbeit spielt er auch in seinem 2007 entstandenen Video "Cloud Nine" die Hauptrolle. Und wieder schöpft er aus dem Fundus der Filmgeschichte. An die seichten Unterhaltungsstreifen aus den Fünfzigern fühlt man sich hier ein wenig erinnert. Doch der dargestellte Flirt zwischen der Kunstgeschichtestudentin und dem Künstler, bei dem Cieslak auch nicht auf die tänzelnden Gebärden aus dem Musicalgenre vergisst, endet in einer monologischen Verbalattacke auf den Kunstbetrieb.

Schräge Mixtur von Realität und Fiktion

In Arbeiten wie diesen wird die rebellische Haltung des Künstlers deutlich, die sich derart produktiv wohl nur jemand zueigen macht, der den internationalen Kunstzirkus aus der Distanz verfolgt. Nach dem Malereistudium an der Akademie von Lublin kehrte Cieslak nämlich gleich wieder in seine Heimatstadt Tomaszow Lubelski in Südpolen nahe der ukrainischen Grenze zurück. Das internationale Kunstgeschehen verfolgt er derzeit noch vor allem via Internet. Doch das wird vermutlich nicht mehr lange so bleiben.

Sein feines Gespür für den Umgang mit Found-Footage-Material beweist er in den zwei weiteren Filmen. Während "Humor und Humanity" (2009) die Oscarverleihung an Charlie Chaplin für sein Lebenswerk fokussiert, begeistert "The Vision of Father Joseph" (2008) durch die schräge Mixtur von Realität und Fiktion: So soll angeblich ein katholischer Priester im Auftrag des Papstes anstelle von Juri Gagarin 1961 in den Weltraum geflogen sein. Im Wettrennen ins All hätte damit also der Katholizismus über den Kommunismus gesiegt.

Aufzählung Ausstellung

"Art is a Forbidden Fruit Marmalade"
Arbeiten von Maks Cieslak
Kuratoren: Eva Badura-Triska, Wolfgang Schreiner
Mumok Factory
Bis 29. Mai

 

Printausgabe vom Donnerstag, 05. Mai 2011
Online seit: Mittwoch, 04. Mai 2011 18:16:00

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