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Kultur 

Eben hineinstolpern ins Glück

Im KUB wird gezeigt, wie man Kunst sinnvoll Erlebnischarakter verleiht.

CHRISTA DIETRICH

christa.dietrich@vn.vol.at, •72/501-225

Bregenz (VN) Ausstellungsmacher - vor allem jene, die in größeren, hoch subventionierten Häusern beschäftigt sind - wandeln immer auf einem schmalen Grat. Einerseits sollten auch spröde Werke dem Publikum zugänglich gemacht werden, andererseits darf die Kunst dabei nicht zur Show verkommen. Die erste Themenausstellung unter der Direktion von Eckhard Schneider im Kunsthaus Bregenz zeigt nun auf, dass diese Gratwanderung absolut gelingen kann.

Der an sich banale Titel "Re-Object" soll auf geläufige Strategien zeitgenössischer Künstler verweisen. Im Grunde geht es dabei darum, inwieweit sich der Amerikaner Jeff Koons (geb. 1955), der Brite Damien Hirst (geb. 1965) und der Deutsche Gerhard Merz (geb. 1947) immer noch auf den großen Impulsgeber für die Kunst des 20. Jahrhunderts, den Franzosen Marcel Duchamp (1887Ö1968) beziehen.

Genau, das ist der, der behauptet hat, dass ein Serienprodukt wie ein Urinal ein Kunstwerk sein kann. Hat er das aber wirklich gemacht?

Und bei dieser Frage sind wir auch schon beim eigentlichen Knackpunkt. Der vielfach behauptete Prozess wird mitunter etwas ungenau wiedergegeben. Bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass Duchamp seine Alltagsgegenstände zwar der eigentlichen Funktion enthob, seine sogenannten "Readymades" aber als Objekt der gedanklichen Auseinandersetzung verwendete und sie keineswegs als Kunst an sich betrachtete.

Kühner Sprung

Das hier präsente Urinal, das Fahrrad oder der Kleiderhaken - mit den jeweiligen Titeln versehen, sind das alles Ikonen der Kunstgeschichte - sowie jene Miniaturmuseen, die Duchamp aus Pappe "bastelte", hätten im Kunsthaus Bregenz auch mit Verweisen auf die Dada- und Fluxus-Bewegung fortgesetzt werden können, man macht hier allerdings einen kühnen Sprung. In den Wand- und Lichtobjekten von Gerhard Merz spiegelt sich keinerlei erkennbarer Alltag wider. Licht ist Licht, Farbe ist nur Farbe und dennoch kunstfähig. Der sachliche Vertreter deutscher Gegenwartskunst kehrt mit seinen skulpturhaften Bildern, die auf eine verdreckte Glasplatte in der Sammlung von Duchamp hinweisen, ohnehin etwas von seiner Radikalität ab.

Haiattacke

Sie bleiben aber immerhin nur in Spuren erzählerisch. Im Gegensatz zu den Arbeiten von Damien Hirst. Das britische Wunderkind in Sachen Tierkörperverwertung verwendet in seinen Readymades Alltagsgegenstände mit hoher emotionaler Aufladung. Bei der ästhetisch klug aufgereihten Sammlung von medizinischen Geräten oder Arzneimitteln zählt nicht mehr die Form oder die Oberfläche, es zählt die pure Angst. Gerätschaften und Stoffe halten uns am Leben oder es ist eben das Formaldehyd, in dem ein Hai nicht verwest, sondern als Skulptur mit dem Titel " The Physical Impossibility of Death in the Mind of Someone Living" womöglich Schrecken verbreitet. Umgeben übrigens von Hirsts " Dot Paintings" , auf denen bunte Punkte in rechnerisch überlegter Anordnung und Größe fröhliche Stimmung erzeugen. (Wenn man nicht wüsste, dass die Farben jeweils Kennzeichen für medizinisches Material sind.)

Häschen hüpf

Es wäre natürlich nicht klug gewesen, nach dem in Formaldehyd schwebenden Hai, die in Wasser schwebenden Basketbälle von Koons zu präsentieren. Man vertraute auf den berühmten " Rabbit" aus den 80 ern, auf die später entstandenen " Tulips" und den " Balloon Dog" . Vergrößerung bei perfekter Nachahmung der Wirklichkeit, Hochglanz und Materialwandel (aus Kunststoff wird haltbarer Stahl) schwenken weg vom Vulgären. Obwohl, das unverschämte Grinsen der " Pink Panther" - Figur, die enorme Größe des Spielzeughundes machen klar, dass die Szene stets kippen könnte. Eine Gratwanderung eben. Aber so wie Duchamp seine Alltagsgegenstände bereits als Stolpersteine im Atelier auslegte, bleibt dem Menschen an sich nichts anderes übrig als hineinzustolpern. In dieser Ausstellung auch irgendwie ins Glück.

Die Ausstellung "Re-Object" im KUB zeigt bis 13. Mai Werke von Marcel Duchamp, Damien Hirst, Gerhard Merz und Jeff Koons. Öffnungszeiten: DiÖSo von 10Ö18 Uhr, sowie Do von 10Ö21 Uhr

Damien Hirsts Tigerhai hat das Formaldehyd die Zähne gezogen. Angst verbreitet er aber trotzdem noch. (Foto: Hofmeister)

Ganz so artig grinst Jeff Koons "Pink Panther" im Kunsthaus Bregenz dann doch nicht. (Foto: Hofmeister)

mehrwissen.vol.at##

• Re-Object im KUB. Hintergrundinformationen zu den einzelnen künstlerischen Positionen, die derzeit im KUB zu sehen sind, sowie die detaillierten Künstlerbiografien.

http://vorarlberg.vol.at Videobericht: Rundgang durch die Ausstellung "Re-Object" im Kunsthaus Bregenz.




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