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Kunstberichte

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Illustration

Migräne im Legoland

(cai) Legosteine pflastern seinen Weg. Das hört sich ja an wie der Titel eines Legoland-Western, wo ein Gringo aus Graz (der schon als Knabe seine Geburtstagskerzen nicht ausgeblasen, sondern mit einer Abrissbirne aus Lego gefällt hat) am Ende, nachdem er gegen ein paar üble Schurken im Legostein-Weitspucken gewonnen und nachher auch noch einer bedürftigen Schaufensterpuppe eine Strumpfhose angezogen hat, schließlich seinen fliegenden Teppich sattelt und in den Sonnenuntergang düst.

Gut, dafür würd’ der Manfred Erjautz wahrscheinlich die goldene Himbeere kriegen (für die unglaubwürdigste Handlung, in die die bunten Steinderln mit Noppen je verwickelt worden sind), aber es fasst zumindest seine speziellen Vorlieben zusammen: Lego zum Beispiel. In der Galerie Insam versucht etwa ein Legokran mit beneidenswertem Optimismus einen schmiedeeisernen Luster zu heben. Die Sicherheitsgurte auf den Teppichen daneben sollen dann aber nicht jenen helfen, die sich schwer tun, "auf dem Teppich zu bleiben", und sich halt einfach am Bodenbelag festschnallen. Vielmehr sind’s fliegende Teppiche, die sich um ihre Piloten sorgen.

Und eine Schaufensterpuppe posiert als klassische Venus. Wäre das eine barocke Allegorie, würde ihr jetzt der personifizierte Schönheitsfehler auflauern und sie in Panik versetzen: Ein Aknemonster mit Zellulitis und den Haarproblemen der Medusa. (Medusa, das ist die, die ihre Frisur nicht mit einem Shampoo für besonders strapaziertes Haar, sondern mit Mäusen füttert – für besonders hungrige Schlangen.) So aber steht da in einem Strichcode "Unvollkommenheit", während die Streifen auf der Venus "Charis" verkünden (eine Grazie im alten Rom). Alle Arbeiten sind also auch für linke Hirnhälften geeignet, die gern bis zur Migräne heruminterpretieren. Unter der banalen Oberfläche ist’s nämlich beinhart intellektuell.

Galerie Grita Insam
(An der Hülben 3)

Manfred Erjautz

Bis 17. März
Di. bis Fr. 12 bis 18 Uhr
Sa. 11 bis 16 Uhr

Ungeahnt "hirnig".

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Mehr Kunst geht eh nicht

(cai) Die haben da so viel Kunst pro Quadratmeter an der Wand wie unsereins Tapetenmuster pro Quadratmeter. Beschaulich wie in einer Briefmarkensammlung geht’s bei Engholm & Engelhorn zu. In traditioneller Salon-Hängung drängeln sich die Bilder. Erstaunlich harmonisch. Und die Künstler kramen tüchtig in der Kunstgeschichte. Cyprien Gaillard pflanzt, in Zeiten des Höhenmeterkults, mitten in einem Naturschutzgebiet (in der Radierung "Drei Bäume" von Rembrandt) Hochhäuser. Alles irgendwie brav. Catherine Story bemalt ein Frisbee, das ja die Angewohnheit hat, durch die Landschaft zu fliegen, mit atmosphärischem Geschehen (sogenanntem Wetter). Hannu Karjalainen absorbiert aber eh sämtliche Blicke, die hier herumschwirren. Mit seiner Hardcore-Porträtmalerei. Denn ein Video zeigt unzensuriert, wie das Gesicht eines Mannes dick mit Farbe zugeschüttet wird. Modellsitzen ist eben was für Märtyrer.

Engholm & Engelhorn
(Schleifmühlgasse 3)

Salon Nouveau

Bis 21. März
Di. bis Fr. 11 bis 19 Uhr
Sa. 11 bis 15 Uhr

Beschaulich.

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Wunder des Wachsens

(cai) Ein bissl ist’s wie mit der Gelse im Bernsteintropfen. Aber weil Wollsocken so selten von klebrigem Harz überrascht werden und dann nicht mehr entkommen können, wird das den filigranen Geschöpfen, die Michaela Math aus Polyesterfäden geknüpft hat, wohl auch nicht passiert sein. (Nicht dass diese zarten Kreaturen im Harz mit groben Socken vergleichbar wären!) Und vom Plafond hängt ein Schlauch, am obern Ende weit aufgerissen wie ein Darm zur Fütterungszeit. Ob feine Gespinste oder beharrlich präzise Zeichnungen von Pflanzen und Organen, Math hat eine Geduld wie die Flora beim Wachsen.

Galerie König
(Schleifmühlgasse 1)

Michaela Math

Bis 17. März
Di. bis Fr. 11 bis 19 Uhr
Sa. 11 bis 15 Uhr

Stimmig.

Mittwoch, 07. März 2007


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