29.06.2003 20:32
Im Bauch des Kunsthauses
Die blaue
Blase nimmt auch in ihrem Inneren seltsame Formen an - Foto
Graz - " Friendly Alien", "Trinkerleber", "Eislutscher" oder
schlicht "Blase" - die Grazer haben schon einige Namen für ihr neues Kunsthaus,
das im September eröffnet wird. Das gigantische blaue Organ mit seinen
"Nozzles", wie die Architekten Peter Cook und Colin Fournier die fühlerartigen
Fenster nennen, quillt aus der Rückseite des denkmalgeschützten Eisernen
Hauses.
"Neutrale Ikone"
"Es gibt Museen, die durch
ihr ikonenhaftes Äußeres auffallen, andere halten sich durch neutrale Grundrisse
zugunsten der gezeigten Exponate zurück", erklärt Kunsthaus-Architekt Fournier
bei einer Baustellenführung durch die "Bubble". Das Grazer Kunsthaus will beide
Ansprüche erfüllen. Zudem musste man die 1848 errichtete, denkmalgeschützte
Gusseisenkonstruktion, das Eiserne Haus, durch die so genannte "Needle" mit dem
neuen Teil verbinden. Diese ragt wie eine ausgestreckte Zunge in luftigen Höhen
aus der Blase, ist aber noch nicht begehbar.
Das Eiserne Haus erstrahlt
dank aufwändiger Restaurierung in neuem Glanz. In der jahrelang von
Witterungseinflüssen beschädigten Fassade, deren ursprüngliche Schönheit nun
wieder sichtbar ist, liegt auch der Haupteingang des Kunsthauses am Südtiroler
Platz. Durch ihn führten Fournier und der ausführende Architekt Herfried Peyker
am Samstag in die bereits begehbaren Teile des Neubaus.
Der noch nicht
fertig gestellte "Travelator", ein Fließband für Menschen, wie man es von
Flughäfen kennt, durchstößt im Erdgeschoß, wo sich ein Café befinden wird, die
Haut der Blase. Er führt in die verschiedenen Ausstellungsebenen: Im
"Kinderbauch", wie das Geschoß für Kinder- und Jugendarbeit heißt, fühlen sich
Erwachsene der Decke recht nah. Aus der 900 Quadratmeter großen
Ausstellungsebene darüber führt ein Steg ins zweite Obergeschoß des Eisernen
Hauses, die neue Heimat der Camera Austria.
In der obersten Ebene, einer
1100 Quadratmeter großen kuppelförmigen Halle, kann man ausschließlich durch die
nach Norden gerichteten "Nozzles" in den Himmel blicken. Denn eine vollständig
transparente Außenhaut war weder "machbar noch geplant", betont Peyker. Ein
Fühler ist genau auf den Uhrturm samt Schatten gerichtet.
(DER STANDARD,
Printausgabe, 30.6.2003)