Rudolf Leopold war bekannt dafür, schon vor Vernissagen in einigen Wiener Galerien aufzutauchen und das auszusuchen, was ihm gefiel - "erregte" wie er sagte. Nachdem die Republik ihm nach Ankauf der SammlungI jährlich eine Summe von fünf Millionen Euro zukommen ließ, gab er sie weiter für Kunst aus. Der Golf, mit dem er ab 1994 seine Einkaufsrunden drehte, ist daher neben großen eingehängten Gemälden im Atrium Teil der Schau "The Excitement Continues. Zeitgenössische Kunst aus der Sammlung Leopold II". Der schäbige Kleinwagen wurde von Klaus Pobitzer künstlerisch verfremdet, und sollte wohl am besten im Atrium geparkt bleiben als Stellvertreter und Zeichen für Sammlerleidenschaft bei asketischem Lebensstil.
Heterogene Auswahl
Der Damisch-Schüler war eine Entdeckung neben anderen noch unbekannten
Studierenden, manche Werke sind sogar bis jetzt noch nicht zuschreibbar -
wie die lebensgroße Gipsplastik eines Obdachlosen. Pobitzers Verehrung
schlug sich 2007 in zwei mit dem Computer gezeichnete Porträts von
Rudolf Leopold nieder, doch insgesamt ist es erwartungsgemäß eine
subjektive und sehr heterogene Auswahl. Wenig Konzept, Abstraktion oder
Fotografie, mehr Figuration, in der Entscheidung für Malerei und
Skulptur macht sich das Alter des Sammlers bemerkbar; an anderer Stelle
ist die Erfahrung Wegweiser und lenkte ihn sicher zu Hauptwerken aus dem
Aktionismus, von den neuen wilden Malern und den "Wirklichkeiten".
Frühe
Zeichnungen von Arnulf Rainer und Wolfgang Hutter, der zu wenig
beachtete Robert Zeppel-Sperl, der früh verstorbene Paul Nestlang, eine
frühe Plastik von Erwin Wurm, zeigen aber wieder in eine andere
Richtung. Humor und malerische Verfremdung überzeugten Leopold auch in
der Fotografie - wie an besonderen Werken von Anna Jermolaewa und Theres
Cassini zu sehen ist. Es sind also im Vergleich mit anderen Museen in
Wien und Österreich auch Lücken gefüllt und so tauchen Glücksfälle auf:
ein frühes Schüttbild Nitschs aus dem Asoloprojekt, Oswald Oberhubers
Röhren- und Frohners Gerümpelplastiken, ein kleines Stillleben von Hans
Escher, dem zu Unrecht Vergessenen.
Wenig Internationales
Natürlich sind zweitrangige Werke dabei - und das ist sicher auch die
Problematik. Außerdem sind neben Roy Lichtenstein und Arte Povera wenig
internationale Positionen zu sehen. Die beiden Kuratoren hatten es nicht
leicht, Strukturen zu finden und so hängten sie, vielleicht manchmal
etwas eng, thematisch oder nach Entsprechungen, Opposition und
Farbspiel.
Die Ausstellungsarchitektur von Laurids Ortner mit rohen Holzpaletten soll die Offenheit unterstreichen. Zeitgenossen machen nur ein Fünftel der Sammlung Leopold II aus, aber sie sind Anlass zu Überlegungen, wohin diese verkauft werden soll. Die Debatte ist bereits im Gange und der Verbleib im Leopold Museum unsicher - sogar von einem zweiten Museum Leopold wird gemunkelt, wohl unter niederösterreichischer Flagge, denn Bund und Land Wien sind wohl wenig willig, den "im Schwebe"-Zustand der 6000 Exponate zu verändern.
Sammlersohn Diethard Leopold gibt zu, dass in großen Konvoluten, wie Bilder Otto Muehls, Wiederverkauf und damit eine "Schärfung" der Sammlung möglich wären. Da liegt er sicher richtig, wie auch in der Entscheidung, zukünftig die Gegenwart mit dem Schwerpunkt Kunst um 1900 zu konfrontieren. Doch wird wohl auch der neue Direktor die künstlerischen Bezüge zu seinen Interessenschwerpunkten in Relation stellen müssen. Angesichts der Fülle an Gegenwartskunst neben mittelalterlicher und afrikanischer Plastik, deutschem Expressionismus, Volkskunst und noch Unbekanntem ist Tobias Natter nicht unbedingt zu beneiden.