"Haben zehn Jahre Krieg hinter uns"
Von Bernhard Baumgartner
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Institutionen orten mangelnde Kooperation und viel Bürokratie.
Wien.
Für Dietmar Steiner, Chef des im MQ angesiedelten Architekturzentrums
Wien (AzW) hat zehn Jahre MQ einen bitteren Beigeschmack: "Wir haben
zehn Jahre Krieg hinter uns. Ich habe resigniert." Er sieht sich damit
auf einer Linie mit etlichen Mietern aus dem Kulturbereich, denen zum MQ
als Hausverwalter und Organisator nicht nur Positives einfällt. Steiner
kritisiert vor allem die "aufgeblähte Bürokratie": "Jede Hofmiete wird
zum Alptraum, und Außenwerbung dürfen wir überhaupt keine machen." Seit
Jahren prozessiere das AzW etwa wegen Steiners Meinung nach zu hohen
Betriebskosten. Auch auf eine Sanierung des Stiegenhauses warte man seit
Jahren vergeblich.
Die Kritik zieht sich quer durch die Reihen. Tenor: Jede der rund ein
Dutzend im MQ angesiedelten Kultur-Institutionen mache ihr Ding, eine
Kooperation oder gemeinsame Vermarktung finde aber nicht statt. "Das MQ
bekommt jährlich drei Millionen Euro für Marketing von der Stadt Wien.
Aber wir haben davon überhaupt nichts, weil damit nur MQ-Veranstaltungen
beworben werden", klagt Steiner. Quintessenz: "Viele der Gäste, die
abends kommen, wissen überhaupt nicht, dass es hier auch
Kultureinrichtungen gibt."
In der Parallelwelt
Ähnlich sieht das Stefan Rabl, Direktor des Dschungel Wien: "Dass es
das MQ gibt, ist toll und gut. Aber das Marketing und die Kommunikation
sind sicher verbesserungswürdig." Die Inhalte, die hinter den
ehrwürdigen Fassaden verschwinden, würden zu wenig kommuniziert. Rabl
ortet hier eine Art "Parallelwelt" – Besucheraustausch, weswegen man
eigentlich das MQ als kulturelles Zentrum errichtet hat, finde kaum
statt. Jene, die wegen der Kultur kommen, bleiben nachher nicht, und
jene, die wegen der Gastronomie kommen, finden den Weg in die
Institutionen nicht. Gemeinsame Initiativen, das zu ändern, sieht Rabl
nicht: "Es ist alles eingeschlafen. Dabei gäbe es Kommunikationsbedarf."
Daniela Enzi, Interims-Chefin des Museumquartiers, kann die Vorwürfe
nicht nachvollziehen: "Ich bin überrascht – wir haben gerade in der
Vorbereitung des Jubiläumsprogrammes eine exzellente Zusammenarbeit mit
den Institutionen." Von den jährlich 3,6 Millionen Besuchern nähmen 1,4
Millionen das Kulturangebot wahr: "Wir haben ein junges, gebildetes,
sehr kulturinteressiertes Publikum. Man muss es aber auch abholen."
Printausgabe vom Donnerstag, 05. Mai 2011
Online seit: Mittwoch, 04. Mai 2011 20:10:00