Galerie
Pop mit einem O hinten
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(cai)Wie nennt
man das Phänomen, das für die heiße Jahreszeit so typisch ist und wo
man einfach her zeigt, was man alles hat? Ähm, FKK? Ja. Oder
Sommerausstellung. Ich mein’ diese
Quer-durch-den-Gemüsegarten-Ausstellungen.
Diese hier im Hilger Contemporary hat einen geradezu
exhibitionistischen Titel: "Die obskuren Objekte meiner Begierde." Also
der Begierde des Galeristen. (Okay, das könnte einer, der seine Bilder
zum Abschlecken gern hat, ein Philatelist, von seinen
Briefmarken auch sagen: "Darf ich Ihnen die obskuren Objekte meiner
Begierde zeigen?") "Galerist" ist natürlich kein Synonym für
"Exhibitionist". Weil Exhibitionismus nicht Ausstellungswesen bedeutet.
Die Pop-Art mag der Ernst Hilger wohl besonders. Und ein bissl Kitsch
bringt die Kunst auch nicht um. Doch was hat ein aufblasbarer Delfin
auf einem Buch über Muhammad Ali zu suchen? Hm. Könnte surreale Pop-Art
sein (und für dieses Rätsel von Jeff Koons existiert keine
Lösung). Oder es ist eine Metapher. So wie die Vögel die Fische des
Waldes sind, ist der größte Boxer aller Zeiten halt Flipper im Ring.
(Hä?) Wenn Mel Ramos eine Nackerte in ein Martiniglas setzt, ist das ja
vielleicht ebenfalls was ganz Hintergründiges. Womöglich die
Gretchenfrage der Philosophie: "Nun sag, ist das Glas halb leer oder
halb voll?" Allerdings für Fortgeschrittene (für Personen über 18). Der
eingetunkte Hintern lässt den Alkoholspiegel im Glas steigen, dass
dieses halb voll zu sein scheint. (Heißt das "Popo-Art"?) Und der leere,
völlig leere Müllsack auf dem Boden? Ein Vanitas-Stillleben?
Nein. Manchmal ist ein Sackerl einfach ein Sackerl. Ich jedenfalls hab
mich gut unterhalten. Und alles ist so schön bunt.
Hilger Contemporary
Dorotheergasse 5, 1010 Wien
"Die obskuren Objekte meiner Begierde"
Bis 30. August, Di. – Fr.: 10 – 18 Uhr, Sa.: 10 – 16 Uhr
Echte Frauen haben kein I
(cai)15 Künstlerinnen. Oder
KünstlerInnen? Nein, ohne großes Binnen-I. Also richtige
Frauen. (Gibt’s eigentlich PersonInnen? Na ja, zumindest mehr als
TenörInnen und EunuchInnen.) Das I ist mir sowieso immer
antifeministisch vorgekommen. Wie eine Manifestation des Penisneids. Die
Drei-Meter-Stange in Lone Haugaard Madsens demonstrativ billiger
Installation ist hoffentlich keine solche Manifestation. Doch
sie sticht einem immerhin ins Aug’. Ansonsten ist das meiste
unscheinbar. Genauer hinschauen will man auch nur bei den
wenigsten Exponaten. Aber natürlich bei den Fotos von Renate Bertlmann
(hoppala, die hat einen Mann im Namen!), die originell
brutale Bilder für die ambivalente Rolle der Frau findet. Ihre
"sadozärtlichen" Schnuller haben scharfe Krallen. (Aua!)
Kerstin Engholm Galerie
Schleifmühlgasse 3, 1040 Wien, bis 7. September
Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr, Sa.: 11 – 15 Uhr
Beton mit und ohne Be
(cai)Der weiß wirklich, wie man
mit Beton umgeht. Seine Objekte sind praktisch unwiderstehlich. (Soweit
trifft das auch auf die Betonpatscherln der Mafia zu.) Christoph Weber
erzeugt so was wie siamesische Zwillinge. Makellose Quader, die irgendwo
verbunden sind, bricht er gewaltsam auseinander. Das möchte man direkt
als Kommentar zum Konflikt zwischen den Israelis und Palästinensern
lesen. Weil Weber eh überall darauf anspielt. So hat er ein paar
Burschen, um die Mauer an der Grenze zum Westjordanland zu zitieren,mit
ungebremster Wut Tonklumpen gegen die Galeriewand schleudern lassen. Der
Beton ohne Be ist picken geblieben, aber inzwischen symbolträchtig
wieder abgefallen. Alles wär’ perfekt, hätte der Weber nicht noch
Soldaten plakativ in Betontafeln geritzt. Ach, ich tu einfach so, als
hätt’ ich sie nicht bemerkt.
Galerie nächst St. Stephan
Grünangergasse 1/2, 1010 Wien
Christoph Weber: "Loose Concrete", bis 21. August
Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr, Sa.: 11 – 16 Uhr
Printausgabe vom Mittwoch, 18.
August 2010
Online seit: Dienstag, 17. August 2010 18:33:03
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