Quer durch Galerien
Werwolf sucht Rotkäppchen
Von Claudia Aigner
Bei Vollmond wird sich jetzt keiner mehr in das Atelier vom
Ringel trauen. Höchstens ein bislang ungefressenes, also noch nicht
vorgewarntes Rotkäppchen. Aber auch das nur einmal. Doch vermutlich
verwandelt sich der Franz Ringel ohnedies schon dann in einen Werwolf,
sobald er einen Pinsel in die Pratze nimmt. Mondphasenunabhängig.
Johann Klinger jedenfalls (1938 bis 2002, bis 2. Juni beim Exner,
Rauhensteingasse 12) hat - mit dem Fotoapparat - in der "Höhle" vom Ringel
verräterische Spuren gesichert. Das Malviech hat sich da vorher
kompromisslos bestialisch an der Wand ausgetobt. Dem Anschein nach mit
farbtriefenden Krallen. Nach der Kratzorgie sitzt der Ringel (sein
Spiegelbild) nun allerdings friedfertig human da, ergo mit Beißhemmung.
Klinger fotografiert seine Künstler demnach nicht bloß bei der Arbeit. Sie
reizen ihn auch, wenn sie zum Beispiel ihren Stoffwechsel füttern. Denn
der Maler lebt nicht von Farbe allein. Er isst auch ab und zu ein Semmerl
dazu. Etwa der Siegfried Anzinger. Und im Café Hawelka versenkt sich der
Hrdlicka ins Weltgeschehen von gestern und Altpapier von morgen - in die
Zeitung (leider nicht ins immer wieder zu Unrecht als "Einwickelpapierl
fürs Amtsblatt" verkannte Printmedium). Heinrich Heuer: Unter seinen
Kollegen hat er den Ruf, der beste heimische Radierer zu sein, der noch
atmet. Folglich ist das kein Gefälligkeitsgutachten (aus Respekt vor der
Rache aus dem Jenseits), sondern unbefangen ehrlich. Mit dem
Fingerspitzengefühl eines . . . äh Briefmarkensammlers hebt er nun sein
Blatt von der Druckerpresse, wie man behutsam voyeuristisch eine Bettdecke
lüften würde, wenn man das Objekt der Schaulust dabei nicht aufwecken
will. Und der Zens? (Dafür, dass ich eine größere Schwäche für den
Zens als für den Heuer hab', geißle ich mich ja eh regelmäßig bußfertig
mit meiner Computermaus - patsch!) Was macht der Zens also mit dem
Bunsenbrenner? Will er damit sagen: "Zeit für die Götterdämmerung. Also
gemmas o!"? Oder schickt er sich an, das Schwert Notung neu zu schmieden?
Denn: "Nur wer das Fürchten nie erfuhr, schmiedet Notung neu." Und der
Zens ist immerhin adrenalinlos in die Katakomben von Palermo
hinabgestiegen. Aber natürlich wärmt er mit der "lachenden Lohe" lediglich
seine Radierplatten an. Insgesamt sehr einfühlsam menschliche Fotos, die
von Arbeiten der Fotografierten ergänzt werden. Nein, Márta Vetö (bis
31. Mai bei Gigant - Kunst im Palais, Singerstraße Nr. 16) ist nicht so
eine, die vor dem Einschlafen Schäfchenwolken auf Stoff siebdruckt. Sie
bastelt vielmehr (ohne Schlafgelüste) mit ihren Sieben und - neuerdings -
Wolken raffinierte Bilder voll harmonischer Asymmetrie und voller
delikat-sinnlicher Transparenzen. Immer auf reiner, aber gefärbter
Baumwolle. Vetö: "Da kommen die Überraschungen, wo ich selber überrascht
bin, welcher Stoff was kann." Die Arbeit eines bis zur Erschöpfung
schwitzenden Alchemisten würde wohl ähnlich aussehen, dem es nach
unendlichen Mühen endlich gelungen ist, Blei in Gold zu verwandeln, das am
Ende trotzdem einen völlig unverkrampften Eindruck macht. Das Aleph
(nach Jorge Luis Borges): "Der Punkt des Raumes, der alle Punkte in sich
vereint." Da ich mir in meinem beschränkten Geist darunter nichts anderes
vorstellen kann als die Welt vor dem Urknall, denk' ich jetzt besser nicht
weiter. Und sehe die Bilder von César Lozano (bis 5. Juni bei Sur,
Seilerstätte 7) lieber beinhart abstrakt: verhalten lebhafte Farbe,
aufgelockerte, dezente Geometrie. Malereien mit Hang zur "energischen
Ruhe" (Hä? Was mein' ich denn damit wieder?) Das hat schon was. Was
Poetisches.
Erschienen am: 23.05.2003 |
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