Ars Electronica

Wo sich Technik und Kultur verbinden


Ein Blick in die Ausstellung "Die Forschung am CERN".

Ein Blick in die Ausstellung "Die Forschung am CERN".APAweb/Rubra Ein Blick in die Ausstellung "Die Forschung am CERN".APAweb/Rubra

Die Linzer Ars Electronica 2011 kooperiert erstmals mit CERN. Damit öffnet sich die Europäische Organisation für Kernforschung mit Sitz in Genf der Kultur. Es ist das erste offizielle Projekt dieser Art, so der 51-jährige Teilchenphysiker Michael Doser. Er wünscht sich einen echten Austausch: "Wissenschaft vermittelt Verständnis, Kunst vermittelt Bedeutung, in dem Sinn sind die beiden komplementär. Verständnis prallt in einer kreativen Kollision auf Bedeutung."

Die Öffnung auch in die Literatur, Musik, Tanz und Theater, stellt für Doser einen Wandel der Generationen dar, "ein Erkennen, dass die Grundlagenforschung nicht in einem Elfenbeinturm stehen soll, sondern Teil eines kulturellen Dialogs sein muss."

So arbeitete er auch an der Ausstellung "Origin - Die Erforschung des Urknalls" im Ars Electronica Center (AEC) mit. Im Mittelpunkt stehen der Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider (LHC) und die Suche nach dem Higgs-Teilchen, das eine große Bedeutung beim Aufbau des Universums haben soll.

Quantenphysik für Laien

Die Lust des Menschen am Entdecken, Staunen und Forschen wird auch in "Symmetries", der zweiten Schau zum diesjährigen Festivalthema "Origin - wie alles beginnt" im Brucknerhaus, veranschaulicht.

Drei junge Quantenphysiker der Universität Wien versuchen ihr hoch komplexes Fach zu erklären. Im Gespräch mit Besuchern erläutern sie, womit genau sich die Quantenphysik eigentlich beschäftigt und wie sie zu herausragenden Erkenntnissen führen kann. Kleine Demonstrationen vom Photonenklicker - der Teilchennatur des Lichts - bis zum Doppelspalt - der Interferenz einzelner Quanten - sollen nicht nur zu Interaktion sondern vor allem zum Aha-Effekt führen.

Auf der Suche nach der Wahrheit

Wem dies zu abstrakt ist, der kann sich mit dem Theater Hausruck auf die Suche nach der Wahrheit begeben. Das Stück "Neuland - Vorwärts zum Ursprung", angelehnt an das Festivalmotto "Origin - wie alles beginnt", feierte Donnerstagabend seine Premiere.

Am Aufführungsort in Zelten beginnt die Suche: Im Gorilla-Kostüm wurde aus der Bibel vorgelesen, davor Darwins "Die Entstehung der Arten", nebenan waren Ausschnitte aus den Nürnberger Prozessen zu sehen. Während über die Raketentests der Nazis in der Region informiert wurde, berichtete ein Hausruck-Elvis von Polarlichtern und Astronauten spielten Gretchen und Faust. Neben den Liebesbekundungen ein weiterer Höhepunkt: Wagners "Parsifal" auf der Bühne, davor Perchten in der ersten Reihe fußfrei. Eine gelungene Verquickung von hoher Kunst und Volkskultur.

Die Roboter-Mensch-Beziehung

Einen Blick in die Zukunft mit Robotern und Menschen offenbart wiederum das Androiden-Theater "Sayonara (Good-bye)": Der Roboter als letzter Wegbegleiter für kranke und alte Menschen. Im Rudigiersaal des Neuen Doms in Linz nimmt sich der renommierte Robotikforscher Hiroshi Ishiguro in seinem Theaterstück dieser Zukunftsvision an.

Der Mensch erbittet Zuneigung von dem Roboter. Doch die kann der Android nicht gewähren. Was die Roboterfrau kann, ist ihrer "Klientin" die Angst und das Warten vor dem Tod zu nehmen und ihr dazu Gedichte über das Reisen und Abschiednehmen vorzutragen. Es ist mehr Präsentation des bereits (auch optisch) Möglichen als Theaterkunst - und die lässt auf eine Zukunft schließen, in der Menschen mit Hilfe von Robotern gegen die Einsamkeit ankämpfen. Und wer Hiroshis "Telenoid" bewundern möchte: Er befindet sich im Ars Electronica Center.




URL: http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/kultur/kunst/?em_cnt=393806&em_loc=77
© 2011 Wiener Zeitung