Drei Kunstinstitutionen bekamen durch die Errichtung des Museumsquartiers einen festen Standort
Das Rendezvous der drei Museen
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Erwin Wurms "House attack" aus dem Jahr 2006: Das auf das Mumok
einstürzende Einfamilienhaus war einer der Höhepunkte der zehnjährigen
Ausstellungsgeschichte im Museumsquartier. Foto: Mumok
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Von Manisha Jothady
Zwischen seiner Eröffnung Ende Juni 2001 und der Errichtung der barocken Hofstallungen liegen fast 300 Jahre.
Langwierig gestalteten sich auch die Diskussionen über eine
angemessene Nutzung der 60.000 Quadratmeter großen Fläche im Zentrum der
Stadt, die 1922 zu einem Messegelände umfunktioniert wurde. Erste
Überlegungen zu einem Museumsquartier gab es bereits in den 1980ern vor
der Ausschreibung des Wettbewerbs, den das Architektenduo Ortner &
Ortner schließlich 1990 für sich entschied.
Außen alt, innen jung
Heftig debattiert wurde bis zum Baubeginn 1998 nicht nur über die
Kosten des Gesamtkomplexes, sondern vor allem über die Höhe der
Museumsneubauten. Nichts sollte aus Sicht des Denkmalschutzes die
historische Fassade trüben. Die ursprünglich geplanten Glasfassaden für
Mumok und Leopold Museum wichen Ummantelungen in Naturstein.
Statt hoch hinauf, geht es in beiden Häusern zunächst einmal tief
hinunter. Fast unmerklich fügen sie sich in die umgebende Dachlandschaft
ein. Und der Bau des Wahrzeichens des MQs – ein als schmales Hochhaus
konzipierter Leseturm – wurde schon 1994 abgewiegelt. So sieht das
Museumsquartier, obwohl im Kern zehn Jahre jung, von außen ziemlich alt
aus.
Dessen ungeachtet findet man hier Vergangenheit und Zukunft,
Kulturtourismus und Naherholung, Hochkultur und Szene außergewöhnlich
vielschichtig amalgamiert. Neben den zahlreichen Initiativen
unterschiedlichster kreativer Sparten haben durch die Errichtung des MQs
vor allem drei der wichtigsten Kunstinstitutionen des Landes eine feste
Adresse erhalten.
Das Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien agierte seit 1979 an
zwei temporären Spielstätten (im 20er Haus nahe dem Belvedere und im
davon entlegenen Palais Liechtenstein im 9. Bezirk). Auf den insgesamt
acht Etagen des Mumok, wie der bis September 2010 amtierende Direktor
Edelbert Köb das Museum eingängig taufte, fanden bisher rund zehn
Ausstellungen jährlich statt. Dabei war von Anfang an klar, dass die
4800 Quadratmeter umfassende Ausstellungsfläche im basaltgrauen Kubus
nicht annähernd genug Platz für eine adäquate permanente Präsentation
der Sammlung (circa 7000 Werke) und parallel stattfindende
Wechselausstellungen bietet.
Köbs Nachfolgerin Karola Kraus wird auf den Platzmangel mit weniger
Ausstellungen antworten: Nur noch drei, vier große, über mehrere Etagen
verlaufende, dafür stärker im Dialog mit der Sammlung stehende Projekte
soll es jährlich geben. Das Jubiläum des MQs begeht das Mumok vorerst
mit seiner Schließung von Juni bis September. Bevor die erste von Kraus
kuratierte Schau "Museum der Wünsche" eröffnet, wird nämlich noch
umgebaut. Schon Köb korrigierte das Gebäude kurz nach Fertigstellung:
Der Künstler Heimo Zobernig installierte im Lichtschacht einen weißen
Kubus und schuf damit eine durchgehende Ebene, wo es vorher keine gab.
Ein Platz für die Kunsthalle
Wie das Mumok hatte auch die Kunsthalle Wien bis zum Umzug ins
Museumsquartier nur ein Übergangszuhause. Man erinnert sich heute noch
etwas wehmütig an den gelben Containerbau am Karlsplatz. Parallel dazu
hatte die Institution bereits seit Dezember 1995 provisorische
Ausstellungsflächen im MQ und konnte so die künftige Heimstätte im
Bewusstsein zu verankern. Nach kurzen Diskussionen um die Nutzung des
Kunsthallengebäudes durch das aus allen Nähten platzende Mumok und die
Übersiedlung der Kunsthalle ins Künstlerhaus am Karlsplatz bieten die
zwei Ausstellungshallen im Haupthaus (1119 Quadratmeter und 528
Quadratmeter) auch künftig ausreichend Platz für ein rundum
massentaugliches Programm.
Am meisten gefruchtet haben aber die Verhandlungen des im Vorjahr
verstorbenen Rudolf Leopold. Die weltweit größte Egon-Schiele-Sammlung
sowie Werke der Österreichischen Kunst des 19. Jahrhunderts und der
Österreichischen Moderne wurden mit dem Bau des Leopold Museums der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Zehn-Jahres-Jubiläum des MQs ist
damit auch jenes dieser Institution, was ab 23. September mit
zeitgenössischer Kunst aus der Sammlung und einer großen Schiele-Schau
signalisiert wird. Davor ist das Haus aber noch mit ganz grundsätzlichen
Problemen konfrontiert: Bis zum Sommer soll die neue Direktion
feststehen.
Jubiläumsprogramm
"Die Kulturoase feiert" lautet das Motto der über
200 Programmpunkte, die zur Feier des zehnten Geburtstages des
Erfolgsprojektes Museumsquartier angesetzt sind. Der offizielle
Geburtstag ist der 30. Juni, doch der Veranstaltungsreigen reicht bis in
den Herbst, wenn auch das Mumok und das Leopold Museum, die im
September 2001 eröffnet wurden, ihre Festtage haben.
Am Vorplatz des Areals steht ein temporär errichteter Turm aus Holz
("Flederhaus"), der als Ruhezone dient: Zum Abhängen laden Hängematten
ein.
Zu den Höhepunkten zählen die Open Air-Schau "Fiese Bilder:
Meisterwerke des schwarzen Humors", die Ausstellung "PlayFace InterCult"
zum Thema Digitale Kultur und eine von Edelbert Köb kuratierte
Präsentation von aufblasbaren Skulpturen aus Kunststoff.
Heute, Donnerstag, lädt das Konservatorium Wien zum "Kons Goes
Public", am Freitag gibt es mit "Europa im MQ" einen Thementag für
Kinder und Jugendliche sowie Konzerte (u.a. Russkaja) und eine
"Willkommen Europa"-Satire-Show mit Stermann & Grissemann. Am 25.
Mai lädt Hubert Lepka zur "Sofamaschine"-Performance. Ab Juni startet
"Andres Bosshard Klanghimmel MQ" mit Klangobjekten, am 18. Juni singt
der "Wiener Beschwerdechor".
Printausgabe vom Donnerstag, 05. Mai 2011
Online seit: Mittwoch, 04. Mai 2011 20:16:00