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Kunstberichte

Galerien live

Illustration

Jessasmarandjosef!

(cai) Die kontaktfreudigsten Spiritisten Wiens haben es also geschafft, der Goldenen Adele eine Botschaft zu entlocken. "Meld’ dich, Adele!", riefen sie in den Wiener Äther hinein und hielten für die Antwort schon amal ein paar geile Telekommunikationsmöglichkeiten bereit. Zur Auswahl. Einer hatte etwa seinen Daumen gezückt, um nach Adeles Diktat eine SMS in sein Handy zu tippen. Sie hat dann aber doch lieber dem Herwig Zens den Kuli geführt. Auf einer Postkarte. Und der Zens will jetzt für die kurzen Grüße 230 Millionen Euro! Und weil er ein Fan von klapprigen Gerippen ist (ein Groupie vom Sensenmann), hat er die Karte auch noch reißerisch auf ein anonymes Skelett mit Adeles Traummaßen (138 cm mal 138 cm) geklebt: auf einen leeren Keilrahmen eben. Gut möglich, dass der Zens überhaupt kein Medium ist und es die Seance nie gegeben hat.

Auch andere haben die Ergebnisse ihrer Trauerarbeit in die Galerie am Karmelitermarkt gebracht. Beschäftigen das Gemüt aber nicht so nachhaltig wie die kreativ unverfrorene Geste vom Zens. Vielleicht, weil sie die Sache fast alle so ernst nehmen. Bei Erhard Stöbe beugt sich das Goldmädel voller Abschiedsschmerz über die gepackten Koffer, Michael Hedwig unterstellt der ins Blattgold entrückten Ikone in sensiblen Skizzen einen Körperschatten. Und Kurt Welther hat das Bild mit dem teuersten Ruf der Welt visionär "mammonisiert". In seiner Kopie in profanen, glanzlosen Farben (als wäre der Klimt nicht mit "Persil Color" gewaschen worden) schummelt er Euro- und Dollarzeichen in den Jugendstil hinein. Aber was hat das Emblem des Super-Philanthropen Batman hier zu suchen? Der nachtaktive Gerechtigkeitsfanatiker macht doch alles ehrenamtlich. Und er hat die Adele ja nicht restituiert (hyperheroisch aus dem Belvedere "befreit").

Galerie am Karmelitermarkt

(Haidgasse 5)

Hommage an Adele

Bis 27. Mai

Di. bis Fr. 12 bis 18 Uhr

Sa. 10 bis 14 Uhr

Maltherapie.

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Kleid oder Einzelzelle?

(cai) Eine Modedesignerin mit immer demselben Alptraum: Freddy Krueger macht ihr mit seinen Skalpellfingern Laufmaschen in die Seidenstrumpfhose, weshalb sie jetzt nur noch unverwundbare schmiedeeiserne Netzstrümpfe entwirft (und hübsch gemusterte Kettenhemden und –blusen). Auch wenn das eine halbwegs logische Erklärung wäre für die Fantasien von Adriana Czernin über Frauen und deren intimen Körperkontakt mit aberwitzig komplexer Ornamentik, die wie ein Keuschheitsgürtel glänzt, so hat der Freddy trotzdem nichts damit zu tun, mit diesen feinsinnig, perfektionistisch gezeichneten Szenen. Czernins Selbstporträt (die weiche Biologie) interagiert in reizvoller Zurückhaltung mit strengen, harten, ausdauernden Stoffmustern, die die Weltherrschaft ergriffen haben. Modische Gefängniszellen?

Galerie Martin Janda

(Eschenbachgasse 11)

Adriana Czernin

Bis 27. Mai

Di. bis Fr. 13 bis 18 Uhr

Sa. 11 bis 15 Uhr

Bemerkenswert.

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Kandierte Kirschen

(cai) Womöglich ist der Ji ø í Kovanda gar nicht so ein todernster Konzeptkünstler, der verbissen erforscht, was die Kunst im Innersten zusammenhält, sondern einer, der Spass bei der Arbeit hat. Den das Pathos eines selbstbewussten Flecks auf der Leinwand amüsiert. Und diese einfachen Holzkistchen an der Wand: Leisten die nicht mit verschmitzter Ironie Beziehungsarbeit (wenn sich zwei und zwei zueinander gesellen)? Nur scheinbar trocken. Eine kandierte Kirsche ist doch auch die Pointe vom Punschkrapferl, oder?

Krobath Wimmer

(Eschenbachgasse 9)

Jirí Kovanda

Bis 27. Mai

Di. bis Fr. 13 bis 18 Uhr

Sa. 11 bis 15 Uhr

Konzeptueller Humor?

Mittwoch, 17. Mai 2006


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