Salzburger Nachrichten am 9. Dezember 2005 - Bereich: Kultur
Ku NSTVEREIN

Da hängen ja Zettel!

Das sind doch nur kopierte Zettel, die da an der Wand des Salzburger Kunstvereins kleben. Das soll die Jahresausstellung sein, die eine Übersicht über die Arbeit der in Salzburg lebenden Künstler geben soll?

Gezeigt wird je ein Bild

von 110 Künstlern sogar drei Mal in verschiedenen Medien, nur nicht im Original: Einmal an der Wand hängend, in Farbe und erbarmungslos verkleinert auf A-4-Format; einmal auf dem Boden, in schwarz-weiß wie frisch aus der Kopiermaschine; einmal über Diaprojektoren aufeinander oder nebeneinander an die Wand geworfen. Die Ausstellung "Blick A, Blick B" wurde am Mittwochabend eröffnet.

Die beiden Kuratoren,

Tanja Widmann und Johannes Porsch, haben nicht nach Thema oder Qualität ausgewählt, sondern von jedem Künstler, der eingereicht hat, ein Bild in die Ausstellung aufgenommen. Um trotzdem eine Einheit zu bilden, haben die Kuratoren alle Kunstwerke der gleichen Methode der technischen Reproduktion unterzogen: digitale Erfassung, Verkleinerung auf Breite einer A-4-Seite, Ausdruck in Farbe oder Kopie in Schwarzweiß und Abfotografieren. Sie ließen sich dabei inspirieren zum einen von Walter Benjamins Standardwerk "Das Kunstwerk in Zeiten seiner technischen Reproduzierbarkeit" (1935), zum anderen von El Lissitzkys Demonstrationsräumen (1926).

Astrid Rieder,

Salzburger Künstlerin, staunt, als sie ihr Bild "Idiosyncracy", in Wirklichkeit 100 mal 110 Zentimeter groß, nun etwa auf ein Zehntel verkleinert entdeckt. Das glatte Weiß des Originals ist im Ausdruck an manchen Stellen grau-gelb oder rosa. "Ich male nie rosa Bilder!", sagt sie den SN. Trotzdem ist sie nicht unzufrieden. Denn die wichtigen Elemente des Bildes, die Diagonale, die Zeichnung, der Schriftzug, seien erhalten. "Es ist nicht umzubringen." hkk