Salzburger Nachrichten am 19. Jänner 2005 - Bereich: kultur
Meisterin des Abstrakten:Hildegard Joos gestorben

WIEN (SN). Die österreichische Grande Dame der abstrakten Malerei, Hildegard Joos, starb am Montagnachmittag im Alter von 95 Jahren in ihrem Wiener Atelier, wo sie in den letzten Jahren auch gelebt hatte. Hildegard Joos wurde am 7. Mai 1909 in Wien geboren. In den Nachkriegsjahren studierte sie Malerei an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Ihre Prägung erhielt sie im Pariser Konstruktivisten-Salon "Realités Nouvelles", wo sie 1972 Aufnahme gefunden hatte. 1954 wurde sie Mitglied der Wiener Secession, die ihr 1958 als erster Frau eine große Einzelausstellung widmete. Seit den 50er Jahren beschäftigte sich Hildegard Joos mit einem streng geometrischen Formenvokabular. In zahlreichen Bildserien, die sie später großteils mit ihrem Mann Harold Joos, einem Genfer Philosophen, gemeinsam signierte ("H + H Joos"), zeigte das Künstlerpaar, wie über einfache Ordnungen, bildliche Symmetrien und optische Rhythmen das menschliche Sehen zugleich irritiert und fasziniert werden kann. Ab 1992 entstanden die "Raumnarrative", monochrome Flächen mit kleinen narrativen Elementen in einer der Bilderecken. In den letzten Jahren emanzipierte sich die Malerin zusehends künstlerisch von ihrem 2004 verstorbenen Mann und löste sich wieder von formaler Strenge, auch wenn Schatten- und Rasterbilder weiterhin Bestandteil ihres künstlerischen Schaffens blieben. Die Österreichische Galerie Belvedere widmet Hildegard Joos in memoriam eine Auswahl der in der Sammlung befindlichen Werke (19. Jänner bis 20. März).