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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
14. Oktober 2004
15:40 MESZ
"Para Sites - when space comes into play ..."

Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, Museumsquartier,

15. Oktober bis 7. November,
Di-So 10-18 Uhr, Do 10-21 Uhr,

Link

mumok.at

 
Foto: MuMoK
mumok.at/parasites

Hohlräume mit temporärem Sinn
"Para Sites" im Mumok machen den Raum zum Thema - Neun Projekte internationaler Gäste und eine Lichtinstallation

Wien - Teilweise subversive, teilweise witzige, teilweise theorielastige, in jedem Fall aber ungewöhnliche Begegnungen mit und Begehungen von raumgreifender Kunst ermöglicht eine neue Ausstellung im Wiener Museum Moderner Kunst (Mumok). "Para Sites - when space comes into play ..." zeigt neun Kunstprojekte, die den Raum selbst zum Thema machen und durch Umgestaltung einer grundlegenden Hinterfragung unterziehen. Die bis 7. November laufende Schau macht deutlich, dass Architektur zunächst nur Hohlräume bietet, die erst von Akteuren temporär mit Sinn gefüllt werden.

Hier leben und arbeiten

Durch Aufbrechen von Gewohnheiten werden Irritationen erzeugt - dies kann als gemeinsamer Nenner aller Arbeiten gelten, die in der Mumok Factory, in diversen weiteren Museumsräumen sowie im Freien zu sehen sind. So richten sich die Amerikaner Ward Shelley und Douglas Paulson mit Netzen und Seilen in den luftigen Höhen der Eingangshalle häuslich ein und "kolonisieren" den ansonsten ungenutzten Schacht mittels eines überdimensionalen Wespennestes. "Die Künstler werden in den kommenden drei Wochen hier leben und arbeiten und versuchen, mit der lokalen Bevölkerung Kontakt aufzunehmen", erläuterte Kuratorin Manuela Ammer.

Im Gegensatz dazu scheint das schief gelegte Skelett eines zweistöckigen Wohnhauses, das die Finnin Tea Mäkipää vor dem Museum aus Rohrleitungen, Wasser- und Elektroinstallationen aufgebaut hat, der unbewohnbare, gespenstische Wiedergänger einer Behausung - bis man plötzlich über Lautsprecher doch die Stimmen von Bewohnern wahrnimmt. Beim Areal-Eingang an der Mariahilfer Straße bietet Michael Rakowitz Besuchern Autoabdeckungen zur Miete an - zum Kampieren auf Parkplätzen. In der Aktionismussammlung haben Carola Dertnig und Stefanie Seibold die Filmkabinen okkupiert und zeigen dort eigene Videos.

Zerstörung eingebaut

Jennifer Allora und Guillermo Calzadilla haben dagegen einen "Charcoal Floor" installiert, der auf Holzpaneelen fotorealistische Kohlezeichnungen von Museumsquartierbesuchern aus der Vogelperspektive zeigt. Der Witz dabei: Die Zeichnungen sind nicht fixiert, wer als Besucher drauftritt, hinterlässt Spuren. "Letztendlich wird diese Arbeit von den Besuchern selbst zerstört werden", sagt die Kuratorin. Der Raum ist ohne Zeitdimension nicht denkbar.

Nicht alle Arbeiten (zu sehen sind weiters Beiträge von etam, Gil & Moti, kozek hörlonski sowie von Visible Art Activity) erschließen sich gleich, manche wirken ziemlich angestrengt, doch in Summe ist "Para Sites" eine erfrischende, weil herkömmliche Denk- und Raummuster immer wieder in Frage stellende Ausstellung.

Im Hof des Museumsquartiers haben sich - auch Dank eines endlich gefundenen Übereinkommens der Institutionen mit der MQ-Gesellschaft - nicht nur die "Para Sites" breit gemacht, auch mit einer Lichtinstallation von Siegrun Appelt bespielt das Mumok seit gestern Abend das Areal. "68.719.476.736" heißt die Arbeit, die ein ganzes Jahr lang installiert bleibt: So viele, nämlich mehr als 68 Milliarden Varianten von unterschiedlichen Beleuchtungssequenzen sind nämlich im computergenerierten zufälligen Zusammenspiel von 36 Scheinwerfern auf vier Lichtmasten möglich. Die Lichtinszenierung der in Wien lebenden Vorarlbergerin soll das architektonische Ensemble des Museumsquartiers in eine Bühnenlandschaft für Besucher und Passanten verwandeln. (APA)


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