Museum für Alltagsgeschichte in Neupölla: H. Scheucher
Opferwagen im Abendrot
Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
Bis 29. September ist in das erste österreichische Museum für
Alltagsgeschichte im Waldviertler Neupölla die Gegenwartskunst eingezogen:
Gütersloh- und Boeckl-Schüler Hannes Scheucher zeigt eine Auswahl seiner
Öl- und Temperabilder von 1990 bis 2001. Der Bezug zur Geschichte ist
jedoch Markenzeichen des 1939 in der Steiermark geborenen Künstlers; so
schuf er eine Serie von "Historischen Porträts", weniger nach
wissenschaftlichen als nach emotionalen Gesichtspunkten ausgewählt. Im
Sinne einer nachmodernen Mischung von Abstraktion und Figuration zeigt
sich die Folge "Der Mensch hinter der Maske" wie in einer neuen Auflage
des Manierismus. Kafka, Vélazquez, aber auch die Prähistorie mit ihren
mythischen Kultwägen interessieren den auch als Restaurator tätigen Maler
frei nach dem Motto der Transavantgarde, es ist erlaubt, was gefällt. So
ist das fragmentrierte Zitat, das Aufbrechen von Realismus und das
Einfließenlassen von gestisch expressiv gestalteten Flächen wie streng
geometrischen Elementen eine typische Kombination von Stilmitteln der
Malerei nach 1980. Aus den siebziger Jahren hat sich Scheucher das
Aufkeimen neuer "individueller Mythologien" (Harald Szeemann 1972) in die
Gegenwart gerettet; doch auch Oberflächenreize, zuweilen starke
Farbkontraste und der schwarze Kontur um die Gegenstände vermögen weitere
Anregungen aus der Pop-Art, der Werbewelt und der selbstverständlichen
Verflechtung von malerischen und grafischen Stilmitteln zu verraten.
Im begleitenden Text von Wolfgang J. Bandion wird die Wahl
historischer Persönlichkeiten im Werk Scheuchers zu sehr ins Heroische
eines männlich bestimmten Geschichtsbilds gerückt; der Blick auf das
Zufallsprinzip der Auswahl beweist; wichtig sind neben der Verehrung für
Vélazquez auch die Infantin Maria Anna ("Abendrot in Spanien") und nicht
nur die geschlechts- und berufsspezifischen Identifikationsfiguren.
Erschienen am: 20.09.2002 |
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