Gemeinsam mit dem Migrosmuseum in Zürich
präsentiert das Belvedere eine Personale des österreichischen "Shooting
Stars" Markus Schinwald. Er lotet seine Werke innerhalb eines weißen
Balkensystems aus, das an Friedrich Kiesler, aber auch an die
klassische Avantgarde des De Stijl in Holland erinnert.
Schinwald bezeichnet sein System auch als
Prothese für den Ausstellungsraum. Mit diesen Requisiten haben die
Menschen zu kämpfen, die er auf seine nächtlichen Bühnen holt – egal ob
im Film "Ten in love" von 2006 oder überarbeiteten Ölbildporträts des
19. Jahrhunderts.
Ein Restaurator legt in seinem Auftrag mehrere Monokel oder
Zwangskorsette über diese Unbekannten – der Schmuck wird zur
zwanghaften Sichtbehinderung, die Bewegungen werden eingeschränkt.
Gegenüber ein Vorhang mit der Zeichnung eines Orchestergrabens. Eine
Zwischenwelt tut sich auf, kein einfaches Unterfangen für Betrachter,
die Barrieren überwinden müssen und selbst zu Mitwirkenden mutieren.
Tanzende Tischbeine
Tanzende Tischbeine werden zu Skulpturen, kleine Rituale und Gesten
zu Pathosformeln. Danach der dunkle Kinoraum, der auf der Leinwand die
besondere Architektur des Architekten Günter Domenig für die
Eggenberger Klosterschule zum mysteriösen Tempel belichtet.
Aus Sprachfetzen und Ton ist ebenso wenig eine Deutung zu erfahren
wie durch die einstudierten Gebärden schmerzvoller Umarmungen – hier
geht es nicht um den Inhalt oder um Sigmund Freud, sondern schon eher
um dessen Schichtstrukturen des Unbewussten. Modische Rituale werden
ausgependelt, Schuhe unterschwellig zu Zwangsinstrumenten.
Mit der überlebensgroßen Marionette eines schaukelnden Mannes im
letzten Raum wird das Rätsel prolongiert: "Beppo" soll eigentlich dem
verstorbenen englischen Schauspieler John Gielgud ähneln, doch der
ausführende Bildhauer ist da gescheitert. Selbst die Bewegung der
anatomisch ungenauen Puppe in Anzug und schwarzen Handschuhen ist
linkisch und kippt aus der Balance.
Der rechte Arm verschwindet unter dem Anzug, Diabolik und
Versehrtheit kurbeln die Assoziationen an. Am Ende lockt dann ein
verbauter Korridor in die Gefangennahme der Wahrnehmung durch die
Kunst.
Augarten contemporary:
Markus Schinwald
Bis 27. Jänner
Diabolisch schön.
Dienstag, 09. Oktober 2007